São Paulo – In Brasilien gerät Präsidentin Dilma Rousseff immer stärker unter Druck. Ein Senator und früherer Vertrauter Rousseffs warf ihr am Wochenende eine Verwicklung in den größten Korruptionsskandal des Landes vor.

Delcídio do Amaral sagte dem Nachrichtenmagazin "Veja", die Präsidentin und ihr Vorgänger Luiz Inácio Lula da Silva hätten von den Schmiergeldzahlungen beim staatlich kontrollierten Ölkonzern Petrobras gewusst und die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu torpedieren versucht. "Lula und Präsidentin Dilma bemühten sich systematisch, die Justiz zu behindern", sagte Amaral. Rousseffs erfolgreiche Wahlkämpfe in den Jahren 2010 und 2014 seien mithilfe des Schwarzgeldsystems finanziert worden.

Im November festgenommen

Das Präsidialamt wies die Anschuldigungen gegen Rousseff zurück und kündigte juristische Schritte gegen Amaral an. Ein Sprecher Lulas sagte, der Senator habe keine Beweise für seine Vorwürfe. Amaral sei selbst ein Angeklagter und wolle seine Lage vor Gericht verbessern.

Der Senator hatte sich jüngst mit den Ermittlern auf ein Schuldeingeständnis geeinigt und dafür Zugeständnisse erhalten. Er trat danach aus der regierenden Arbeiterpartei aus, deren Vorsitzender im Senat er früher war. Im November wurde Amaral festgenommen, weil er einem früheren Petrobras-Manager Geld geboten haben soll, um dessen Schweigen in den Ermittlungen zu erkaufen.

Rousseffs Rückhalt in der Bevölkerung schwindet. Einer Umfrage des Instituts Datafolha zufolge fordern rund 65 Prozent der Brasilianer ihren Rücktritt. Die Unterstützung für das laufende Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin stieg auf 68 Prozent. Ihr wird vorgeworfen, Budgetregeln gebrochen und sich damit eine bessere Ausgangsposition für ihre Wiederwahl 2014 gesichert zu haben.

Rückschlag am Freitag

Einen herben Rückschlag musste Rousseff bereits am Freitag hinnehmen. Ihr Versuch, Vorgänger Lula als Stabschef ins Kabinett zu holen, wird vom Obersten Gerichtshof blockiert. Ein Richter entschied, dass Lula das Amt vorerst nicht bekleiden darf. Denn die Berufung diene offensichtlich dazu, Lula gegen Geldwäsche- und Betrugsvorwürfe der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Petrobras-Skandal zu schützen. Minister genießen Immunität vor der Strafverfolgung untergeordneter Richter.

Der Richterspruch wurde bekannt, kurz nachdem Lula in São Paulo vor fast 100.000 Anhängern der Arbeiterpartei aufgetreten war. Er versprach größere Anstrengungen zur Bewältigung der Krise von Lateinamerikas größter Volkswirtschaft, die in der tiefsten Rezession seit Jahrzehnten steckt. Die Zeitung "Folha de São Paulo" berichtete, die Regierung werde am Montag ein Konjunkturpaket im Ausmaß von umgerechnet 3,7 Milliarden Euro bekanntgeben. Ebenfalls in São Paulo gingen auch am Freitag wieder zahlreiche Brasilianer auf die Straße, um gegen die linksgerichtete Regierung zu demonstrieren. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein.

Berufung

Die brasilianische Regierung hat daraufhin beim Obersten Gerichtshof (STJ) Berufung gegen die richterliche Verfügung eingelegt, mit der die Ernennung des ehemaligen Präsidenten zum Kabinettschef gestoppt worden ist. Die Rechtsanwälte der Regierung forderten am Sonntag hierzu eine dringliche Plenarsitzung des Gerichtshofs, wie die Zeitung "Folha de São Paulo" berichtete.

Die nächste Sitzung des STJ ist erst für den 30. März angesetzt. Nach Medienangaben fürchtet die Regierung, dass Lula bis dahin von der Justiz vernommen oder sogar verhaftet werden könnte. (APA, 21.3.2016)