Die Versuche zur Schadensbegrenzung sind bei der Hypo bisher meist misslungen. Entsprechend groß ist der Zorn mancher über die hohen Haftungen, die Kärnten unter Jörg Haider übernommen hat.

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Wien – Republik, Land Kärnten und Heta haben seit Freitag, zwölf Uhr, eine Atempause. Für diesen Zeitpunkt hatte das Landgericht Frankfurt in der Causa FMS gegen Heta Asset Resolution (wegen einer Forderung von 200 Millionen Euro) seine Entscheidung angekündigt – und da ging es ums Eingemachte.

Doch die Tagsatzung dauerte dann keine vier Minuten: Unter regem Interesse der Medien – und Abwesenheit der Klägerin – verwies die mit dem Fall betraute Richterin auf einen Antrag der österreichischen FMA, die in ihrer Rolle als Heta-Abwicklerin eine Unterbrechung des Verfahrens beantragt hatte. Sie vertagte die Verhandlung auf 9. Juni, setzte den Parteien eine Frist für ihre Schriftsätze (10. Mai) – und schon war der Zauber vorbei.

Damoklesschwert Insolvenz

Das Damoklesschwert, das bis dahin über der Heta und Österreich gehangen war: die Insolvenz der Heta. Hätte die FMS, die Bad Bank der Hypo Real Estate, gewonnen und wäre dem Urteil die vorläufige Vollstreckbarkeit zuerkannt worden, hätten die Deutschen ihre Forderung geltend machen können – was wohl in die Insolvenz der Heta gemündet wäre.

Dementsprechend hektisch und bewegt waren die Tage davor auch gewesen. Mitte der Woche hatten die Heta-Abwickler aus der FMA die Initiative ergriffen. In einem Schreiben ans Landgericht erläuterte die Behörde die Lage und regte an, die Causa direkt an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg weiterzuleiten. Bei diesem Gericht werde das Verfahren sowieso landen. Zudem beantragte die FMA die Unterbrechung des Verfahrens.

Heikle Rechtsfragen

Zur Erklärung: In der Causa geht es um die Rechtsfrage, ob das Bankenabwicklungs- und Sanierungsgesetz (BaSAG; unter diesem wird die Heta von der FMA abgewickelt, Anm.) für die Heta EU-weit gilt. Die Frage ist, ob das Gesetz der zugrunde liegenden EU-Richtlinie entspricht. Heikelster Punkt ist dabei die Tatsache, dass die Heta keine Bank ist, sich die europäische Regelung aber nur auf Institute mit Bankkonzession bezieht.

"Ungewollte Insolvenz"

Im Vorfeld der Tagsatzung in Frankfurt verdeutlichten mehrere Schritte die Dramatik, die mit einer drohenden Nichtanerkennung des von der FMA verordneten Heta-Zahlungsstopps durch das Gericht verbunden gewesen wäre. Der Chef der Abwicklungseinheit, Sebastian Prinz von Schoenaich-Carolath, hatte im Handelsblatt eindringlich vor einer "ungewollten Insolvenz" gewarnt. Diese würde die Erlöse aus einer Abwicklung um bis zu eine Milliarde Euro schmälern, weil man Assets dann unter Zeitdruck verkaufen müsse.

Rückendeckung holte sich der Prinz vom österreichischen Universitätsprofessor Georg Kodek, der schon im Auftrag Kärntens zur drohenden Insolvenz des Landes gegutachtet hatte. Der Richter am Obersten Gerichtshof ist der Ansicht, dass ein deutsches Urteil im Sinne der Gläubiger in Österreich nicht vollstreckbar wäre.

Öffentliche Ordnung in Gefahr

Sein Argument: die öffentliche Ordnung ("ordre public"), die wegen der "exzeptionellen Größenordnung des Falls" gefährdet werde. Konkret nennt Kodek die volkswirtschaftliche Dimension, da eine Insolvenz mit Folgekosten von sechs bis acht Milliarden Euro verbunden wäre. Auch die Verbindlichkeiten der Heta von 18 Milliarden Euro lägen weit über den Schulden, die bei anderen Großpleiten zu Buche standen (Alpine, Konsum).

Zudem stehe die Finanzmarktstabilität auf dem Spiel und somit "ein elementares gesamtösterreichisches Interesse". Heta-Anwalt Wolfgang Höller von der Kanzlei Schönherr brachte einen weiteren Aspekt vor: Eine Vollstreckung des Urteils durch die FMS könnte Schadenersatzansprüche gegen die Bad Bank auslösen, da die anderen Gläubiger durch die Exekution schlechtergestellt würden. Diese Ansprüche seien nach deutschem Recht verschuldensunabhängig, betonte der Anwalt.

Haftungen prüfen

Unter dem Eindruck der juristischen Auseinandersetzungen stand am Freitag auch der Kärntner Landtag: Er beschloss einstimmig, die Landeshaftungen auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen.

Mit Hypo-Vergangenheitsbewältigung befasst sich ab 30. März wieder einmal das Landesgericht Klagenfurt. Da beginnt der Prozess gegen Ex-Hypo-Chef Franz Pinkl und weitere Vorstände wegen des Vorwurfs, dem Aufsichtsrat wichtige Informationen vorenthalten zu haben. Es gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 18.3. 2016)