Ankara/Wien – Die türkische Justiz geht Zeitungsberichten zufolge weiter gegen Medienunternehmen vor. Ein Istanbuler Staatsanwalt bereite eine Klage gegen einen Medien-Konzernchef und einen Banken-Vorsitzenden sowie den ehemaligen OMV-Chef Gerhard Roiss wegen mutmaßlicher Beteiligung an einem Benzin-Schmugglerring vor, meldeten der Regierung nahestehende Zeitungen am Donnerstag.

Die Vorwürfe gehen auf den Zeitraum 2001 bis 2007 zurück, als die Dogan Holding und Isbank noch Aktionäre beim Benzinhändler Petrol Ofisi waren. Die OMV stieg im Jahr 2006 als Minderheitsaktionär ein und übernahm Petrol Ofisi im Jahr 2010 komplett. Auch der aktuelle OMV-Finanzvorstand David Davies wird laut den regierungsnahen Zeitungen "Star" und "Aksam" als einer von 47 Beschuldigten geführt, schreibt die Finanznachrichtenagentur "Bloomberg". Die OMV will ihre Türkei-Tochter nun wieder verkaufen, gab sie im Februar überraschend bekannt.

Für den Chef der regierungskritischen Mediengruppe Dogan Holding, Aydin Dogan, etwa wird nach Informationen der Tageszeitung "Aksam" eine Gefängnisstrafe von 23 Jahren gefordert. Zu dem Medienhaus gehören unter anderem das auflagenstarke Blatt "Hürriyet" und die Fernsehsender CNN Türk sowie Kanal D.

Eine Klage droht den Berichten zufolge auch dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Isbank, Ersin Özince. Ihm werde vorgeworfen, an der Finanzierung des Schmugglerrings zwischen 2001 und 2007 beteiligt gewesen zu sein, meldete "Aksam". Die größte Oppositionspartei CHP ist mit 28 Prozent am größten börsennotierten Kreditinstitut der Türkei beteiligt.

Der Staatsanwalt war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Die Dogan Holding weist die Vorwürfe genauso wie die Isbank zurück. "Laufende Verfahren kommentieren wir nicht", hieß es von der OMV am Donnerstagabend auf APA-Anfrage.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat in der Vergangenheit bereits mehrfach Aydin Dogan kritisiert und Kolumnisten seiner Medienhäuser als Scharlatane bezeichnet. Medien, die der Opposition nahestehen, haben es derzeit in der Türkei schwer. In diesem Monat haben türkischen Behörden unter anderem die Kontrolle über die regierungskritische Zeitung "Zaman" und die Nachrichtenagentur Cihan übernommen.

Der Umgang mit Medien in der Türkei hat Kritik im Westen auf sich gezogen. Am Freitag wollen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union ein Flüchtlingsabkommen mit der Türkei unter Dach und Fach bringen, um den Zustrom nach Europa zu begrenzen. (APA/Reuters, 17.3.2016)