Blick in das noch publikumsleere Herzstück des Leipziger Messegeländes: die riesige Glashalle.

Foto: Michael Wurmitzer

Am Mittwoch war's hier noch beschaulich: leere Garderoben und Kleiderhaken, herumstehende Kartons und, abgesehen von letzten Herausputzarbeitern, gähnende Menschenleere. Die Ruhe vor dem Ansturm. Man hätte sich zum Zeitvertreib mitunter ein Buch gewünscht, hatte aber keines dabei – wäre ja auch irgendwie gewesen wie Eulen nach Athen ehschonwissen!

Organisatorisches spielte indes auch bei der Eröffnungskonferenz zur LBM eine Rolle – aber eine untergeordnete. Denn schwor Alexander Skipis vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Anwesenden auch auf seinen zuversichtlichen Blick auf die Digitalisierung des Buchmarktes ein (kleine stationäre Anbieter mit Webshops), so stand doch Programmatisches im Fokus.

Meinungsfreiheit als höchstes Gut

"Die Branche ist in hohem Tempo, aber Literatur und Denken brauchen Langsamkeit", betonte etwa Buchmessendirektor Oliver Zille den "Denkraum" Buch gegenüber dem Business. Ein "offenes Buch und eine offene Gesellschaft" forderte Messengeschäftsführer Martin Buhl-Wagner. Denn die Meinungsfreiheit sei weltweit in Gefahr, mahnte Skipis.

Dass Meinungsfreiheit dabei auch bedeute, unangenehm abweichende Meinungen gestatten zu müssen, gehöre da, solange dies im Rahmen des Gesetzes bleibe, eben dazu. Selbst hinsichtlich der umstrittenen Messeauftritte der rechtskonservativen Wochenzeitung "Junge Freiheit" und des rechtspopulistischen "compact"-Magazins, die so gar nicht zum Migrations und Integrations-Schwerpunkt passen wollen.

Überraschende Belletristik-Shortlist

Gespaltene Meinungen herrschen auch ob des am Donnerstag zu verleihenden Buchpreises in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung. Auf die Belletristik-Shortlist hat es diesmal nämlich kein arrivierter Prosaautor geschafft. Übrigens: auch kein Österreicher.

Stattdessen sind darauf neben Guntram Vespers Frohburg mit Robert Schimmelpfennig (An einem klaren, eiskalten Januarmorgen zu Beginn des 21. Jahrhunderts) und Nis-Momme Stockmann (Der Fuchs) zwei – eigentlich – Dramatiker vertreten und mit Marion Poschmanns Geliehene Landschaften Lyrik im Rennen. Dazu der bisher nicht für Ernstes bekannte, für den erst dieser Tage erschienenen Roman Der goldene Handschuh aber vielgelobte Komiker Heinz Strunk.

"Sprachwahrer des Jahres"

Bereits fest stehen dafür die von der Zeitschrift Deutsche Sprachwelt anlässlich der LBM am Mittwoch bekanntgegebenen drei "Sprachwahrer des Jahres". Neben einem studentischen Gender-Verweigerer und einem schwarzen political correctness-Kritiker und daher Inhaber eines Gasthauses namens "Zum Mohrenkopf", darf sich auch Sängerin Sarah Connor über Lorbeer freuen – für das Album Muttersprache. Ihr erstes in ebenjener. Da bleibt man doch lieber beim Lesen. (Michael Wurmitzer, 16.3.2016)