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Die Stadt Aleppo: Synonym für Zerstörung im syrischen Krieg.

Foto: Reuters

Graz/Aleppo – "Ich bin so empört. Wenn meine Cousine da unten in Aleppo stirbt, klage ich Österreich", sagt Nabil Moussalli. Seit Ende Dezember versucht der Grazer Unternehmer, seine Cousine via Visum aus der syrischen Hölle Aleppo – zumindest für eine kurze Zeit – herauszubringen. Bisher vergeblich.

Zeitgleich, als noch tausende Flüchtlinge aus Syrien auf der Balkanroute und auch in Österreich durchgewinkt wurden, suchte Moussallis Cousine, eine Akademikerin aus Aleppo, in der mehrere hundert Kilometer entfernten österreichischen Botschaft in Beirut um ein Visum an, um zu ihrem Cousin nach Graz fliegen zu können. "Wir mussten", erzählt Moussalli im Gespräch mit dem STANDARD, "bewaffnete Männer zu ihrem Schutz engagieren. Damit sie überhaupt nach Beirut fahren konnte." Der Weg durch die Berge und der Küste entlang sei lebensgefährlich.

Das Visum wurde in Beirut am 14. Jänner 2016 mit der Begründung verweigert, sie habe aus Sicht der Botschaft nicht zur Genüge versichert, Österreich wieder rechtzeitig vor Ablauf des Visums zu verlassen. Das Hin- und Rückflugticket, das sie bereits gekauft hatte, reichte der Botschaft in Beirut offenbar nicht.

Moussalli, er ist gebürtiger Ägypter mit syrischen Wurzeln, geprüfter Dolmetscher und als Taxiunternehmer auch ÖVP-Funktionär der steirischen Wirtschaftskammer, bat jetzt Anwalt Andreas Huber um Hilfe. Dieser erhob sofort Einspruch gegen den abgelehnten Visumsantrag.

"Lebensgefährlicher Weg"

"Es ist absurd. Sie hat alle Voraussetzungen für ein Visum, sie hat in Graz Wohnraum zur Verfügung, genügend Geldmittel, sie braucht hier in Österreich keinen Cent", sagt Huber. Moussalli, er ist seit 1990 österreichischer Staatsbürger, hatte zudem sämtliche Versicherungen abgeschlossen.

Nachdem der Anwalt für seine Mandantin Einspruch erhoben hatte, forderte die Botschaft in Beirut Moussallis Cousine auf, umgehend auch die übliche "Konsulargebühr" in der Höhe von 110 Euro zu zahlen. Sie müsse das Geld in bar in die Botschaft in Beirut bringen. Sie sollte sich also abermals auf den gefährlichen 18-stündigen Weg nach Beirut aufmachen.

"Da stehen einem die Haare zu Berge über diese völlig abstruse Bürokratie. Normal werden die Gebühren von unserem Anwaltskonto abgebucht", sagt Huber. Nach mehrmaligen Urgenzen in der Botschaft darf der Anwalt nun das Geld von Österreich aus überweisen. Moussalli wandte sich auch an Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Doch von dort kam eigentlich nur der Hinweis, dass das Außenministerium "keine Weisungsbefugnis" in Sachen Visum habe.

Illegal ginge es einfacher

Leichter wäre alles illegal gegangen. Moussalli sagt, er habe per Zufall erfahren, wie leicht es eigentlich sei, in Österreich illegal ein Visum aufzutreiben. Man habe ihm schließlich ganz konkret ein solches angeboten. "Das kommt für mich und meine Cousine aber nicht infrage. Wir wollen, dass sie ganz legal hierher nach Österreich kommen kann", sagt Moussalli.

"Es ist eigentlich ein Wahnsinn. Wer die Gesetze einhalten will, wird offensichtlich abgestraft. Wenn man illegal einreist, hat man sichtlich mehr Erfolg, wie wir in den letzten Monaten gesehen haben", sagt Huber. Er vermute, dass nun eben auch bei den Visa leise ein Einreisestopp verhängt wurde.

Eine E-Mail-Anfrage zur Causa an das Außenministerium wurde noch nicht beantwortet. (Walter Müller, 16.3.2016)