Bei den Pfeilgiftfröschen Allobates femoralis übernimmt hauptsächlich das Männchen den Transport der Kaulquappen zum rettenden Nass. Packen die Weibchen doch mit an, retten sie nur den eigenen Nachwuchs.

Foto: Andrius Pašukonis

Wien – Südamerikanische Pfeilgiftfrösche sind für ihre Fortpflanzung auf Wasseransammlungen angewiesen, seien sie auch noch so klein. Manchmal können diese schrumpfen oder völlig verschwinden. Um ihren Nachwuchs nicht dem sicheren Tod zu überlassen, unternehmen die Eltern regelrechte Rettungsaktionen, indem sie die Kaulquappen zum nächsten Mini-Tümpel tragen. Nun haben Wiener Forscher beobachtet, dass die Weibchen diesen "Fahrtendienst" nur den eigenen Nachkommen angedeihen lassen. Männchen nehmen dagegen alle Jungen aus ihrem Revier mit, auch solche aus fremden Gelegen.

Im Widerspruch zu ihrem Namen leben Glanzschenkel-Baumsteiger (Allobates femoralis) in den Bodenregionen tropischer Regenwälder. Die Männchen bewachen dabei große Reviere, in denen mehrere Weibchen ihre Eier auf abgefallene Blätter legen. In diesem trotz hoher Luftfeuchtigkeit trockenen Milieu entwickeln sich innerhalb von drei Wochen Kaulquappen, die dann aber schleunigst zum nächsten Gewässer transportiert werden müssen, um zu überleben. Dieser "Fahrtendienst" ist vorwiegend Aufgabe der Männchen, die den Nachwuchs auf dem Rücken zum nächsten Tümpel tragen.

Riskante Reise durch den Dschungel

Weibchen führen diesen Transport nur dann durch, wenn das Männchen in diesem Zeitraum nicht in seinem Territorium ist. Dabei gehen die Tiere einige Risiken ein, etwa auf dem Weg lauernde Fressfeinde. Zudem lassen die Männchen in dieser Zeit ihr Revier ungeschützt zurück und riskieren damit Gebietsverluste durch Rivalen.

Eva Ringler von der Abteilung für Vergleichende Kognitionsforschung des Messerli Forschungsinstitutes der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat in einer Studie untersucht, ob sich das Verhalten von Weibchen und Männchen unterscheidet und ob sich dieses Risiko lohnt. Das tut es aber nur, wenn es dem Erhalt des eigenen Nachwuchses dient – was wiederum voraussetzt, dass die Frösche ihren direkten Nachwuchs identifizieren können.

Die Forscherin hat dazu drei Versuchsreihen in Terrarien durchgeführt: Im ersten Versuch fanden Weibchen und Männchen nur ein fremdes Gelege vor. Beim zweiten Test gab es eigene und fremde Kaulquappen im Terrarium. Und schließlich wurden die Positionen des eigenen und des fremden Geleges vertauscht, um zu testen, ob die Tiere das Gelege selbst erkennen oder sich den Ort der Eiablage merken.

"Mein Revier, meine Kaulquappen"

Dabei zeigte sich, dass ein Großteil der Männchen eigene und fremde Gelege transportierten. Offenbar folgen sie dabei der Regel "Mein Revier, meine Kaulquappen" und kümmern sich nicht weiter um eine Differenzierung, jeder wird mitgenommen.

Die Weibchen gingen hier wesentlich differenzierter vor: Fremde Kaulquappen nehmen sie einfach nicht mit. Nur wenn die Wissenschafter die Position von eigenem und fremdem Gelege tauschten, wurde der fremde Nachwuchs transportiert.

Die Wissenschafter schließen daraus, dass sich die Weibchen über Wochen den genauen Ort ihrer Eiablage merken. Wenn sie für die Männchen beim Nachwuchs-Transport einspringen, können sie anhand der Position die richtigen Gelege auswählen.

Aus dem Verhalten leiten die Forscher auch unterschiedliche Kosten-Nutzen-Rechnungen ab, wie sie im Fachjournal "Animal Behaviour" schreiben: Die Männchen befolgen die einfache Regel, alle Gelege in ihrem Territorium mitzunehmen – schließlich ist das ihr Revier und sie gehen davon aus, dass der gesamte Nachwuchs von ihnen stammt.

Navi durch das Dickicht

Aus Weibchen-Sicht ist dagegen das Risiko deutlich höher, ein fremdes Gelege zu transportieren und gleichzeitig das eigene liegen zu lassen. Schließlich könnten auch Artgenossinnen im Territorium des jeweiligen Männchens ihre Eier abgelegt haben. Deshalb verlassen sie sich ganz auf ihren Orientierungssinn. Wie genau sich die Weibchen den exakten Ablageplatz im Regenwalddickicht merken können, wollen die Forscher in weiteren Untersuchungen klären. (APA, red, 15.3.2016)