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Flüchtlinge versuchen in der Nähe von Idomeni am Montag die Grenze zu passieren.

Foto: REUTERS/Stoyan Nenov

Athen – Mazedonien hat nach eigenen Angaben mehrere hundert Migranten nach Griechenland geschickt, die sich aus dem Flüchtlingslager Idomeni nach einem Fußmarsch über die Grenze durchgeschlagen haben. Die meisten der Flüchtlinge seien noch am Montag oder in der Nacht mit Lastwagen zurück nach Griechenland gebracht worden, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Von der griechischen Regierung hieß es, sie könne dies weder bestätigen noch dementieren.

Hunderte Menschen aus dem Notlager an der griechisch-mazedonischen Grenze, in dem mehr als 12.000 Männer, Frauen und Kinder seit der Schließung der Balkanroute festsitzen, hatten sich am Montag auf eine mehrstündige Wanderung gemacht, durchquerten einen Fluss und nutzten schließlich eine Lücke im Grenzzaun. Auf mazedonischem Gebiet wurden sie jedoch von der Polizei oder von Soldaten aufgegriffen.

Flugblätter

Nach Ansicht Athens war der Versuch, die Grenze zu überqueren, organisiert. "Wir haben in unseren Händen Flugblätter, die zeigen, dass der Exodus eine organisierte Aktion war", erklärte am späten Montagabend der Sprecher des Krisenstabes für die Flüchtlingskrise, Giorgos Kyritsis, in Athen. Er hatte zuvor an einer Dringlichkeitssitzung unter Vorsitz des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras teilgenommen. Wer hinter der Aktion gesteckt haben könnte, war zunächst unklar.

Mehrere Flyer

Zudem gebe es auch andere Flyer, die die Menschen falsch informieren und sie auffordern, nicht in andere Lager ins Landesinnere zu gehen. Sie sollten nicht in Busse steigen, weil die Regierung in Athen plane, sie zurück in die Türkei zu bringen, hieße es darin, sagte Kyritsis weiter. "Wir fordern die Migranten und Flüchtlinge auf, den griechischen Behörden zu vertrauen und es zu akzeptieren, in andere Lager gebracht zu werden. Die Lage im Flüchtlingslager Idomeni sei "absolut aussichtslos", erklärte der Sprecher des Krisenstabes weiter.

Griechische Medien veröffentlichten Kopien der Flugblätter, die Unbekannte an die Menschen verteilt hatten. Darin ist eingezeichnet, auf welchem Weg sie den mazedonischen Zaun meiden können und über Umwege nach Mazedonien einreisen können.

Rücknahme möglich

Athen hatte angekündigt, über eine Rücknahme dieser Flüchtlinge nachzudenken. "Wenn mazedonischen Behörden einen entsprechenden Antrag stellen, werden wir es uns überlegen und entscheiden", sagte der Sprecher des griechischen Flüchtlings-Krisenstabes am Dienstag im Nachrichtensender Skai in Athen.

Journalisten festgenommen

Laut Medienberichten war am Montag auch eine Gruppe von etwa 40 Journalisten vorübergehend wegen illegalen Grenzübertritts verhaftet worden. Sie hatte die Flüchtlinge bei ihrem Versuch, über den Fluss zu gelangen, begleitet. Nachdem die Journalisten eine Geldstrafe in der Höhe von rund 260 Euro pro Person bezahlt hatten, wurden sie nach Angaben mazedonischer Medien wieder freigelassen. Unter den Festgenommenen befand sich auch die österreichische Aktivistin Fanny Müller-Uri.

Flüchtlinge im Hinterland

Hunderte Flüchtlinge, denen es am Vortag nicht gelungen war, den mazedonischen Grenzzaun zu überqueren, kehrten am Dienstag wieder ins griechische Hinterland zurück. Dies berichtete der Nachrichtensender Skai aus der Region des kleinen griechischen Grenzdorfes Chamilo. "Die Migranten wurden gestern Abend von den mazedonischen Sicherheitskräften gestoppt. Sie konnten am Zaun übernachten und jetzt kommen sie wieder zurück nach Griechenland", berichtete ein Reporter des Senders.

Wie vielen Flüchtlingen die illegale Einreise von Griechenland nach Mazedonien gelungen ist, war aus offiziellen Quellen nicht zu erfahren. Medien schätzten ihre Zahl auf zwischen 700 und 2.000.

Tsipras appelliert an Flüchtlinge

Tsipras appellierte am Dienstag an die Flüchtlinge, der griechischen Regierung zu vertrauen und sich zu einem der Aufnahmelager in der Umgebung zu begeben. Viele Flüchtlinge wollen in Idomeni ausharren, weil sie auf eine Möglichkeit der Weiterreise hoffen. Es sei ausgeschlossen, dass die Balkanroute wieder geöffnet wird, so Tsipras. Er verurteilte die Flugblattaktion: "Dieses Spiel mit Menschenleben muss aufhören."

Flüchtlinge in Serbien aufgegriffen

Im südserbischen Preševo sind indessen am Wochenende 33 illegal eingereiste Menschen in einem Frachtzug, der von Mazedonien nach Serbien unterwegs war, aufgegriffen worden. Das berichtete die Tageszeitung "Politika" am Dienstag. Demnach handelte es sich um afghanische, libysche und syrische Staatsbürger.

Im Aufnahmezentrum Preševo gibt es laut "Politika" nach der Schließung der Balkanroute weiterhin Möglichkeiten für die langfristigere Aufnahme, Unterkunft und Pflege von etwa 1.000 Personen. Im nordmazedonischen Tabanovce harren weiterhin mehrere hundert Flüchtlinge aus, die dort nach der Schließung der Balkanroute gestrandet sind.

48 Prozent aus Syrien

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR haben von Jahresanfang bis 13. März 143.205 Menschen auf der Flucht von der Türkei zu den griechischen Inseln übergesetzt. Zum Vergleich: In den ersten drei Monaten des Vorjahres waren knapp 12.500 Menschen gekommen. 38 Prozent der Asylsuchenden sind Minderjährige und 22 Prozent Frauen, wie das UN-Hilfswerk am Dienstag weiter mitteilte. Demnach stammen 48 Prozent der Menschen aus Syrien.

Auf den griechischen Inseln warten aktuell mehr als 9.000 Menschen darauf, zum Festland weiterreisen zu dürfen. (APA, Reuters, red, 15.3.2016)