Bild nicht mehr verfügbar.

Rechte ukrainische Freiwillige bei einem Protest in Kiew. Sie sind gegen Kiews Unterstützung für russische Vorschläge, den Oligarchen Rinat Achmetow zum Verwaltungschef der Rebellengebiete zu machen.

Foto: AP / Efrem Lukatsky

Moskau/Kiew – Als "schwarzen Monat" für den Ukraine-Konflikt hatte der Vizechef der OSZE-Beobachtermission, Alexander Hug, den Februar im Donbass bezeichnet. Doch im Vergleich zu dem, was der beginnende März schon geboten hat, wirkt er in der Relation eher grau: Die Zahl der Schusswechsel erreicht zum Frühjahrsbeginn neue Höchststände, es gibt wieder Tote und Verletzte auf beiden Seiten. Allein am Sonntag wurden nach Angaben von Alexander Motusjanik, in der ukrainischen Präsidialadministration für die Militäroperation in der Ostukraine zuständig, sieben Soldaten verletzt. Rebellen berichteten von vier Verletzten.

Schlimmer noch: Die einst von der Front abgezogenen schweren Waffen werden offenbar heimlich wieder in Stellung gebracht. "Wir bemerken, dass die Waffen aus den Lagern verschwinden. Und sie verschwinden gleichermaßen auf beiden Seiten – jeweils zu etwa 30 Prozent", klagte Hug.

Besonders aktiv im Einsatz von Waffen ist derzeit die ukrainische Seite. In den letzten Wochen hat sie gleich mehrere Ortschaften, die einst als neutrale Zone zwischen den Fronten galten, unter ihre Kontrolle gebracht: Pawlodar und Pischtschewik im Süden nahe der Großstadt Mariupol, Krasnogorowka bei Donezk. Zudem konnte das Militär ein Industriegebiet am Rand der Kleinstadt Awdejewka erobern, womit es eine wichtige Kreuzung zwischen den Rebellenhochburgen Donezk und Horliwka im Visier hat. Bei den Gefechten in Awdejewka sollen die Separatisten inoffiziellen Angaben nach bis zu 30 Kämpfer verloren haben.

Rebellen in Turbulenzen

Grund für die hohen Verluste sind auch interne Machtkämpfe in der selbsternannten "Donezker Volksrepublik" (DVR): Alexander Chodakowski, Chef des Bataillons Wostok und einst als "Kriegsheld Neurusslands" gefeiert, ist in die Schusslinie der eigenen Leute geraten. Die DVR-Führung um Alexander Sachartschenko bezichtigt ihn der Aneignung fremden Eigentums – ein Vorwurf, der potenziell einen Bumerangeffekt für die ganze Separatistenführung haben könnte, weil damit ein Tabuthema in der DVR angesprochen wird – und drängt ihn aus allen Positionen.

Chodakowskis Gefolgsleute bei den Rebellentruppen müssen ebenfalls gehen – darunter war auch der Kompaniechef, der die Stellungen in Awdejewka kontrollierte. Sein Nachfolger kannte die Lage wesentlich schlechter und stand auf verlorenem Posten.

Doch nicht nur Chodakowski ist in Bedrängnis geraten. Auch Sachartschenkos Position wankt womöglich. Jedenfalls gehen Gerüchte um, dass Moskau und Kiew einen Wechsel an der Spitze der DVR aushandeln. Wiktor Medwedtschuk, der als Vertrauter Wladimir Putins in Kiew gilt, schlug vor, den Oligarchen Rinat Achmetow zum Chef der Verwaltung für die Rebellengebiete zu machen. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko zeigte Interesse an dem Plan, Rebellensprecher Denis Puschilin hingegen kritisierte ihn erwartungsgemäß als Indiz für die "Unzurechnungsfähigkeit" der Kiewer Führung.

Tatsächlich hätte die Ernennung eines Kiewer Statthalters für Donezk keine realen Auswirkungen auf die Lage dort. Da allerdings ausgerechnet Medwedtschuk mit dieser Idee aufwartete, ist es möglich, dass sie mit Moskau abgesprochen ist. Das wäre für die Separatistenführung in Donezk wesentlich unangenehmer. (André Ballin, 15.3.2016)