Eine Liste der Polizei mit 20 Autokennzeichen ist am Tag nach dem Anschlag von Ankara in der türkischen Öffentlichkeit zirkuliert. Ein grauer Renault Laguna war darunter, ein weißer Fiat, ein silberfarbener Toyota – unauffällige Wagen und geräumig genug, um demnächst Sprengstoff zu laden. Panik und Ohnmacht sprechen aus den Kommentaren, die Passanten in Ankara vor Fernsehkameras abgeben. Überall und jederzeit, so scheint es, kann es doch wieder passieren. Der dritte schwere Terroranschlag in der türkischen Hauptstadt lässt die Menschen verzweifeln.

Der Innenminister trat noch am Sonntagabend in Ankara auf die Straße, flankiert von seinen Kabinettskollegen für Justiz und Gesundheit. Alle ohne Krawatten, aus ihrem Feierabend gerissen. "Leider gibt es auf der ganzen Welt keine Möglichkeit, um Terroranschläge zu 100 Prozent zu verhindern", erklärt Efkan Ala. Es sind die Sachen, die man als Person der Öffentlichkeit eben in dieser Situation sagt. Mindestens 37 Menschen wurden kurz zuvor bei der Explosion einer Autobombe an einer Bushaltestelle, mitten im Zentrum von Ankara getötet. Eine 16-jährige Schülerin und ein Provinzpolitiker der sozialdemokratischen Opposition sind auch darunter. Mehr als 100 Menschen wurden durch die Wucht der Detonation verletzt.

Die politische Führung hielt sich dieses Mal mit schnellen Schuldzuweisungen zurück, anders als bei dem Terroranschlag vom 17. Februar in Ankara. Damals hatten Premier und Präsident die syrische Kurdenmiliz PYD verantwortlich gemacht. Es waren die Tage, wo Ankara nach militärischen Mitteln gesucht hatte, um die Gewinne der Kurden im Bürgerkriegsland zu stoppen. Der Anschlag auf die türkischen Soldaten im Regierungsviertel hätte einen Anlass für eine Militärintervention liefern können.

Selbstmordattentäterin angeblich identifiziert

Am Dienstagnachmittag teilte das Innenministerium schließlich mit, die "separatistische Terrororganisation" habe den "abscheulichen Anschlag" vom Sonntag in der türkischen Hauptstadt verübt.

Die Armee bombardiert noch in der Nacht zu Montag wieder Stellungen der Kurdistan Arbeiterpartei PKK, die ihre Basis im Nordirak unterhält. Eine Studentin aus der westtürkischen Stadt Balikesir soll als Selbstmordattentäterin identifiziert worden sein. Mit vier Freundinnen stand sie schon wegen des Vorwurfs der Propaganda für die PKK vor Gericht. 20 Personen wurden im Lauf des Tages bereits festgenommen. Zum Anschlag auf türkische Soldaten vor drei Wochen hatte sich eine Splittergruppe der PKK bekannt. Diese plante weitere Anschläge im Regierungsviertel, heißt es nun. (Markus Bernath, 14.3.2016)