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Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Wien – Am Freitag um 17.00 Uhr war es vorbei. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Angebotsfrist zum Heta-Anleiherückkauf gelaufen, kurz danach hat die große Gruppe "aufmüpfiger" Gläubiger bestätigt, dass sie das Angebot abgelehnt hat. Sie repräsentiert rund fünf Milliarden Euro des Anleihevolumens (von insgesamt elf Milliarden) – zur Annahme des Rückkaufofferts wären aber 66 Prozent nötig gewesen. Offiziell werden Finanzministerium und das Land Kärnten das Ergebnis erst am Montag bekanntgeben, das Procedere erfordert ja auch notarielle Beglaubigungen.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hielt sich in einer Aussendung am Freitagabend daher im Konjunktiv; in erster Linie tadelte er die ablehnenden Gläubiger: "Bedauerlich wäre eine Nichtannahme vor allem für die Vernünftigen unter den Gläubigern, die das Angebot gerne angenommen hätten. ... Verloren haben jene, die wirtschaftliche Vernunft ausgeschlagen haben." Für die Republik ändere sich nichts, es sei ja ein "freiwilliges Angebot der Republik gewesen".

Blanke Nerven

Zuvor waren die Nerven blank gelegen, in Kärnten war "die Stimmung im Keller", schilderte ein Politiker. Immer wieder wurden Gerüchte laut, das "unverhandelbare Angebot" (Schelling) werde übers Wochenende noch ein zweites Mal aufgebessert, möglicherweise lege Kärnten auf seine 1,2 Mrd. Euro noch was drauf. Die Kärntner selbst, die ja für elf Milliarden Euro an Anleihen haften, gaben sich nach Platzen des Deals wortkarg. "Abgerechnet wird zum Schluss", richtete Landeschef Peter Kaiser (SPÖ) aus, man warte das offizielle Ergebnis ab.

Kärnten sei aber nicht zahlungsunfähig, so Kaiser, der im ORF auf die "Bestands- und Funktionsgarantie" des Bundeslandes verwies: "Kärnten ist nicht pleite, Kärnten wird auch nicht pleitegehen. Die Gefahr als solche ist nicht da."

Heiß bleibt es trotzdem. Als Nächstes wird die Abwicklungsbehörde in der Finanzmarktaufsicht (FMA) die Hauptrolle auf der Bühne der Heta-Tragödie übernehmen. Sie hat ja im März 2015 auf Basis des nigelnagelneuen Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetzes (BaSAG) ein bis 31. Mai 2016 gültiges Zahlungs moratorium über die Abwicklungsgesellschaft Heta verhängt.

Blutiger Schnitt

Nun wird die FMA im Rahmen der Gläubigerbeteiligung den Schuldenschnitt dekretieren. Involvierte rechnen damit, dass sie die Gläubiger zu einem Haircut von rund 60 Prozent verdonnern wird. Beim Angebot der Republik und Kärntens hätten die Gläubiger 25 bzw. 18 Prozent ihrer Haarpracht verloren: Das erste Rückkaufanbot lautete auf Erfüllung von 75 Prozent, das zweite, von Schelling mit dem Tausch in eine 18-jährige unverzinste Bundesanleihe versüßte, auf 82 Prozent.

Die Abwicklungsbehörde, die die letzten zwölf Monate mit der Vermögensaufstellung der Heta beschäftigt war, wird tiefer schneiden – wahrscheinlich Zinszahlungen streichen und vor allem auch die Laufzeiten der Anleihen um Jahre erstrecken. Denn viele der Schuldscheine laufen 2017 aus, zu einem Zeitpunkt, da die Heta aus der Abwicklung noch wenig Verkaufserlöse in ihrer Kasse haben dürfte.

Die große Frage ist, ob sich ein Aufschub der Fälligkeiten auf die Haftungen auswirkt – was Kärnten zugutekäme. Mit dem Rückkaufangebot hat das nichts zu tun: Für die FMA ist es mehr oder weniger egal, wer die vom Haircut betroffenen Anleihen hält, ob wie bisher viele Gläubiger oder nur der Kärntner Ausgleichszahlungsfonds (KAF), der die Anleihen ankaufen will. Einen Vorteil hätte es, wäre der KAF einziger Anleihegläubiger: Die FMA muss (wie in einem Insolvenzverfahren) alle Gläubiger gleichbehandeln – bei einem einzigen stellt sich das Problem nicht.

Drahtseilakt für Abwickler

Mit einem umfassenden Haircut würden sich die öffentlichen Abwickler einen Sicherheitspolster schaffen. Bleibt am Ende der Abwicklung Geld über, würde das auf die Gläubiger aufgeteilt. Was die Finanzmarktaufsicht auf jeden Fall vermeiden will: dass am Ende zu wenig Geld da ist. Doch die Vermögensaufstellung war schwierig, vor allem weil darin ja die Erlöse aus dem Versilbern der Heta-Assets eingebucht werden mussten. Eine Prognose, die mit großen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet ist.

Sehr gut vorhersehbar ist dagegen die Reaktion der Gläubiger, die die vom Land behafteten Anleihen halten. Sie werden die Differenz auf ihre 100 Prozent einklagen und sich dabei auf die Landeshaftung berufen. Kärnten kann die elf Milliarden aber nicht zahlen. Die Frage, wann die Ausfallshaftung schlagend wird (etwa auch bei einer Erstreckung der Fälligkeitsfristen der Anleihen durch die FMA), ist dabei zentral – und juristisches Neuland.

Selbiges beträten die Österreicher auch, wenn die Republik dem Bundesland Kärnten – wie von Minister Schelling angekündigt – nicht beispränge und das Land in die Pleite schlittern ließe. (Renate Graber, 11.3.2016)