Wenn das der Führer wüsste! Dazu müsste er einmal den "Völkischen Beobachter" aus der Hand legen und zur Horner Ausgabe der "Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN)" greifen. Hitlers Horch restauriert, konnte das Blatt endlich einmal mit einer positiven Neuigkeit von Erwin Pröll ablenken. Der hat für ein paar Barthaare von Kaiser Franz Joseph und ein paar andere majestätische Devotionalien bekanntlich 2,6 Millionen Euro aus Landesmitteln hingeblättert, und nun bietet sich ihm eine neue Chance, das Landesmuseum allergnädigst zu bereichern. Hitlers Auto kam in Kisten und Schachteln nach Rodingersdorf, dann legte Stefan Zimmermann Hand an. Die Folge: Jetzt ist das Werk vollbracht, und die fahrbereite Limousine erstrahlt in neuem Glanz.

Es ist nämlich so: In Einzelteile zerlegt lagerte der Horch 830 Pullmann 1938 jahrelang in Wien, aber diese Zeit der Ruhmlosigkeit ist vorüber. Das Fahrzeug erstrahlt jetzt wieder in altem Glanz, konnte die "NÖN" jubeln. Besonderheit der Limousine: In ihr wurde einst Adolf Hitler in Bayern (München, Berchtesgaden) chauffiert. Und das ist noch nicht alles. Nach ihm benützte Baldur von Schirach, der von 1940 an Gauleiter in der damaligen Ostmark war, das Fahrzeug. Ein ergreifender Fall von volksgenossenschaftlichem Carsharing. Am Wahrheitsgehalt dieser Aussage lassen die "NÖN" keinen Zweifel zu: Das ist durch eine Urkunde belegt.

Der archäologische Aufwand bei der Zusammenstellung der Einzelteile stand dem diesbezüglichen Eifer um nichts nach. 2250 Stunden Arbeit stecken drin. Bei der Restaurierung wurde unter anderem auch ein Schaden, der bei der Verwendung durch Schirachs Chauffeur verursacht wurde, ausgebessert. Hitlers Chauffeur dürfte demnach unfallfrei gefahren sein, was man von seinem Insassen – historisch betrachtet – eher nicht behaupten kann.

Wenn Erwin Pröll das Prunkstück, in dem so viel niederösterreichische Arbeitskraft durch Freude steckt, für sein Haus der Geschichte retten will, wird er sich beeilen müssen. Von seiten der Landesberufsschule Eggenburg wurde bereits Interesse bekundet, das Fahrzeug zu präsentieren, vermutlich für den Zeitgeschichteunterricht. Und auch die Oldtimermesse in Tulln im Mai ist ein Fixtermin.

Kam der Führer ganz aus Braunau, so mussten einzelne Teile des Oldtimers aus Osnabrück (Deutschland) herbeigeholt werden, etwa ein Aschenbecher um 500 Euro oder eine Stoßstange um 7000 Euro. Für den Führer wollte man nicht knausrig sein, daher auch: Der potenzielle Kaufpreis würde Schätzungen der Experten zufolge bei 700.000 Euro liegen. Um diese Summe könnte Pröll vermutlich einen ganzen Backenbart des Kaisers samt dessen Bad Ischler Gamsbart für sein Museum erwerben – eine schwierige Entscheidung! Aber um jetzt keine Missverständnisse, Hitlers Horch betreffend, aufkommen zu lassen: Die Restaurierung erfolgte im ehemaligen Schweinestall. Ein mutiger Akt von Widerstand in NÖ!

In neuem Glanz erstrahlt auch eine österreichische Regierung, die vor kurzem noch am Rockzipfel Angela Merkels hing – mit Begeisterung poliert von der "Kronen Zeitung". Schluss mit verweichlichter Menschlichkeit, die EU beißt bei uns auf Granit, titelte das Blatt zum Sonntagssemmerl, und der Reihe nach durften Regierungsfunktionäre ihre Beißhemmung ablegen. Wir werden keinem Druck weichen, bereitete ein zähnefletschender Bundeskanzler auf den Seiten 2 und 3 die Lesergemeinde auf die herbeifantasierte Apokalypse vor, und plädierte für Schubumkehr: Auch Deutschland wird den Kurs anpassen müssen. Der weltbeste Abputzminister durfte auf Seite 5 gegen falsche Hoffnung auftreten und gegen ausländische Frechheit: "Niemand kann uns einen Vorwurf machen."

Auf Seiten 6 und 7 dann ein Interview: Woher nehmen Sie die Härte, Frau Mikl-Leitner? Um deren Antwort zu hören, war zum "Krone"-Besuch der Innenministerin samt Fototermin der Herausgeber des Blattes höchstpersönlich herbeigeeilt, und ihre Antwort entsprach seiner Arbeitsweise – sie nimmt die Härte aus Hunderten von Zuschriften von Menschen, die Sorge hatten, dass die Völkerwanderung nie zu Ende geht. Die Bilder davon sind schrecklich. Aber sie vermitteln auch eine Botschaft: Sucht in der Nachbarregion Schutz! Das Lob des Blattes bleibt nicht aus, endlich fasst diese Regierung plötzlich Tritt. Na sowas – auch sie in neuem Glanz. (Günter Traxler, 11.3.2016)