Es ist schon lange Zeit her, dass Österreichs Außenpolitik Profil hatte. Jetzt hat sie Sebastian Kurz. Er ist das sortenreine Produkt österreichischer Innenpolitik, was die neue Nähe zum Westbalkan verständlicher erscheinen lässt. Einer Innenpolitik, deren berufene Betreiber die Maxime ihrer Unterlassungen in einem angstgetriebenen Opportunismus gefunden haben, von dem allein sie sich Hoffnung auf ein politisches Überleben erträumen. Doch die Bundespräsidentenwahl kommt bald, und wie immer sie ausgeht, wird die Koalitionäre vor Fragen stellen, für deren Beantwortung sie nicht ausreichend gerüstet sind.

Als eine dieser Antworten wird Kurz gehandelt. Warum nicht? Schon seine Bestellung zum Außenminister hatte nichts mit irgendeiner fachlichen Qualifikation für dieses Amt zu tun, sondern entsprang dem Bedürfnis der Volkspartei, Erneuerung durch ein Exempel juveniler Glattheit, innerlich und äußerlich, vorzutäuschen. Das fehlerfreie Abspulen von Leerformeln in geschniegelter Haltung und Intonation galt rasch als Beweis von Talent, auch wenn nie wirklich deutlich wurde, wofür. Und die mediale Bewunderung, wie weit es doch einer in diesem Alter gebracht habe, ließ unhinterfragt, was er dafür eigentlich getan hat. Da liegt es nahe, dass er, bei gleicher Voraussetzung und zunehmender Schwäche des schwarzen Regierungspersonals, immer offener als Kanzlerhoffnung gehandelt wird.

Mit seinen jüngsten außenpolitischen Profilierungsversuchen auf Kosten anderer – der Europäischen Union, speziell Angela Merkels, Griechenlands, der Flüchtlinge – hat sich Kurz allerdings in die Konkurrenz zu einem Mitbewerber begeben, dem er in seiner Grundhaltung des Dichtmachens von Grenzen ziemlich ähnlich geworden ist. Diese Ähnlichkeit war natürlich gewollt, der FPÖ und Strache soll damit das Wasser des Rechtspopulismus abgegraben werden. Gelungen ist so etwas bisher noch nie, das könnte die SPÖ mit ihrem Verständnis für internationale Solidarität bezeugen, hätte sie es nicht abgelegt.

Von einem Außenminister, noch dazu einer christlichen Partei, sollte man aber mehr erwarten dürfen als eine wahltaktische Anbiederung an eine rechtsaußen stehende Oppositionspartei. Da aber bleibt es bei Kurz leer. Die Balkanroute ist ab sofort dicht, man darf "das Ende des Durchwinkens" feiern, als ob es damit für zehntausende Flüchtlinge, die in Griechenland festsitzen, irgendetwas zu feiern gäbe. Eine europäische Lösung des Problems bleibt schwierig, wenn nicht fern – Österreich hat jedenfalls nichts dazu beigetragen, und dass die Flüchtlings"welle" zu stoppen sei, glaubt nicht einmal die Kronen Zeitung.

Wer die engstirnige Abschottung eines Landes gegen alles Fremden will und überzeugt davon ist, dass dies in einer globalisierten Welt möglich sei, der wird stets zum Schmied gehen, nicht zum Schmiedl. Ein Strache für Döblinger wird den Zulauf zum Original nicht aufhalten können. Wie tief der eine die Mindestsicherung ansetzt, der andere wird sie weiter mindern. Ausländerfeindlichkeit ist schließlich das einzige Thema, das er besser beherrscht als die anderen. Da lässt er sich nicht abschieben. (Günter Traxler, 10.3.2016)