In den Debatten zur Flüchtlingspolitikkrise wird oft beklagt, dass über die sehr komplexen Probleme viel zu sehr nach Schwarzweißmuster diskutiert wird. Wenn Emotionen aufbrausen, kommen die Grautöne unter die Räder, die Differenzierung von Einzelproblemen. Es fehlt oft an Übereinkunft, dass die Dinge nicht ganz so einfach sind.

Populisten tun sich da leichter: Die glauben immer gleich zu wissen, was gut und was böse ist, wer die Guten sind und wer die Bösen. Das gilt nicht nur für die Rechtspopulisten mit ihren pauschalen Herabwürdigungen. Es gilt auf der anderen Seite des Spektrums auch für Illusionisten, die meinen, man könne den Flüchtlingsstrom ohne Restriktionen einfach so laufen lassen.

Ein Beispiel ist der Streit um die Sicherung der Grenzen, sowohl der EU-Außengrenzen wie im Inneren. Weil der größere Teil der an Bevölkerung sehr kleinen Balkanstaaten nicht EU-Mitglied ist, eskalieren Besorgnisse vor großen Migrationsströmen dort besonders schnell. Es ist daher kein Zufall, dass sie (wie Österreich) begonnen haben, ihre Grenzen enger zu ziehen als Länder mit 80 Millionen Einwohnern wie Deutschland. Sobald die EU endlich Klarheit schafft, wie die Krise gelöst wird, werden die Grenzen wieder aufgehen. Verordnen zu wollen, dass "hier nichts geschlossen wird", wie Angela Merkel das tat, das kann in Europa so nicht funktionieren. Auch eine Kanzlerin muss differenzieren. Sonst wird der Grenzstreit zur Posse. (Thomas Mayer, 9.3.2016)