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Monsantos Glyphosat-haltiges Roundup ist das meistverkaufte Pestizid weltweit.

Foto: Reuters/Charles Platiau

Brüssel/Wien – Die Glyphosat-Hersteller haben es nicht leicht. Montag und Dienstag sollten Experten aus allen 28 EU-Mitgliedsstaaten über die Verlängerung der EU-Zulassung für das weltweit meistverbreitete Herbizid abgestimmt werden. Montagabend wurde allerdings bekannt, dass die Entscheidung nicht mehr diese Woche gefällt wird, da Frankreich Widerstand angekündigt hat. EU-Diplomaten erklärten zudem, Deutschland wolle sich bei einer Abstimmung enthalten.

Nachdem die ursprünglich für 2012 geplante Risikobewertung von Glyphosat in Hinblick auf die unsichere Datenlage verschoben worden war, gab es vergangenen Herbst eine weitere Vertagung der Entscheidung. Nun aber läuft die Zeit davon: Die derzeit geltende Lizenz läuft im Juni aus; die Hersteller streben eine rasche Verlängerung für weitere 15 Jahre an.

Uneinigkeit unter EU-Experten

Wie die britische Tageszeitung "The Guardian" berichtet, haben Schweden, Frankreich und die Niederlande kundgetan, sich gegen die Bewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu stellen.

Insider aus Brüssel erwarten dennoch, dass es zu einer Verlängerung der Zulassung des Unkrautvernichters kommen wird. Der Vorschlag der EU-Kommission, die Zulassung bis 2031 zu verlängern, kann nur mit einer qualifizierten Mehrheit der Experten aus den Mitgliedsstaaten angenommen werden. Sollte es zu keiner Mehrheit kommen, könnte die Kommission einen Einspruchsausschuss einberufen.

In Österreich wurde eine am 18. Februar am Institut für Pflanzenschutzmittel der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) ausgearbeitete Stellungnahme geleakt, laut der Österreich für die Verlängerung stimmen wird. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter sagte am Dienstag, er verlasse sich auf die "fachliche und wissenschaftliche Entscheidung" der AGES. Grünen-Chefin Eva Glawischnig hingegen sprach sich gegen eine Zulassung aus, solange die Unbedenklichkeit nicht vollständig geklärt sei, und argumentierte: "Wenn es um gesundheitliche Bedenken geht oder um gesundheitliche Risiken, dann gilt aus unserer Sicht das Vorsorgeprinzip."

Krebserregende Wirkung umstritten

Zu Glyphosat gab es in den vergangenen Monaten eine kontroversielle wissenschaftliche Diskussion. Auf Basis von fünf firmenfinanzierten Krebsstudien an Mäusen erklärte das deutsche Bundesamt für Risikobewertung (BfR) Glyphosat für nicht krebserregend.

Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stufte das Herbizid unter Heranziehung verschiedener öffentlich zugänglicher Studien jedoch als "wahrscheinlich krebserregend beim Menschen" ein.

In einer dadurch notwendig gewordenen Neubewertung gab das BfR abermals die wissenschaftliche Einschätzung ab, Glyphosat sei nicht krebserregend, und lieferte damit die Grundlage, auf der sich die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit für eine Zulassungsverlängerung aussprach.

Studien: "Fundamental fehlerhaft"

Diese Vorgehensweise wurde von mehreren Seiten scharf kritisiert. In einem offenen Brief an EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis kritisierten 96 Wissenschafter und Wissenschafterinnen, darunter Epidemiologen, Toxikologen, Molekularbiologen und Statistiker aus 25 Ländern, die von der EFSA übernommenen Bewertung der deutschen Behörde als "wissenschaftlich inakzeptabel" und "fundamental fehlerhaft".

Die österreichische NGO Global 2000 sprach von einer "inkorrekten Auswertung der Daten" und kündigte an, wegen Betrugsverdachts Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien und Berlin zu erstatten. Adressat der Beschuldigung seien beide Behörden sowie der Agrarkonzern Monsanto, der die von der BfR bewerteten Studien in Auftrag gegeben hatte.

"Verletzung der Sorgfaltspflichten"

Der grüne Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber reichte am Freitag Beschwerde beim Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung ein und drängte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter dazu, sich gegen eine Verlängerung der Zulassung auszusprechen. Pirklhuber ortete eine "Verletzung der Sorgfaltspflichten", sollte die EFSA die Zulassungsverlängerung einfach durchwinken. "Im Zweifel muss der Schutz der Gesundheit wichtiger sein als die Profitinteressen der Industrie", forderte Pirklhuber. (Elena Pramesberger, 7.3.2016)