Sie redet wie eine europäische Sozialdemokratin – von der Ungleichheit der Einkommen, vom Mangel an Aufstiegschancen für Frauen, von der zu großen Macht der internationalen Konzerne: Als Senatorin von New York trat Hillary Clinton Anfang der 2000er-Jahre auch beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf. Sie formulierte entschieden und rhetorisch gekonnt. Ein Charmebolzen war sie, zum Unterschied von ihrem Mann Bill, jedoch nie. Das ist bis heute so geblieben.

Bei den Republikanern gilt Clinton als Sozialistin, seit sie 1993, unmittelbar nach ihrem Einzug ins Weiße Haus als First Lady, ein staatliches Gesundheitssystem installieren wollte. Sie scheiterte. Es gelang ihr immerhin, vier Jahre später eine Krankenversicherung für Kinder durchzusetzen.

Ganz im Sinne der europäischen Sozialdemokratie trat sie wiederholt für "Reichensteuern" ein, ohne damit ihren guten, von der deklarierten Linken in der Demokratischen Partei kritisierten Kontakten zur Wall Street zu schaden. Genau das nimmt, neben ihrem seinerzeitigen Eintreten für den Irakkrieg, auch ihr innerparteilicher Gegner, der "demokratische Sozialist" Bernie Sanders, aufs Korn.

radikal, liberal

Sanders ist inhaltlich radikaler, ähnlich der deutschen Partei Die Linke, Clinton bewegt sich ideologisch ähnlich der SPD. In den USA nennt man das "liberal".

Im Vergleich mit der demokratischen Kandidatin ist der Immobilienhai Donald Trump eine Rampensau. Seine populistische Stärke ist die Bedienung alter Vorbehalte gegenüber "die da oben" und generell gegenüber Washington. Wäre Trump äußerlich nicht so verschieden von Jörg Haider, man könnte die beiden wegen ihres demagogischen Redestils und wegen des Gebrauchs deftiger Bilder durchaus vergleichen.

Ideologisch steht Trump noch weiter rechts als die FPÖ oder die deutsche AfD. Seine Forderung, alle Muslime aus den USA zu deportieren, ist nicht nur rassistisch, sondern totalitär – sie entspricht freilich Studien, laut denen über 70 Prozent der weißen Amerikaner Trumps Forderung unterstützen. 50 Prozent wollen auch Homosexuelle vertreiben, immerhin 20 Prozent meinen, dass Abraham Lincolns Abschaffung der Sklaverei ein Fehler war.

"USA weniger sicher"

Der republikanische Kandidat will den Freihandel drastisch einschränken, die Beziehungen zu China einfrieren. Andererseits bewundert er Wladimir Putin, was tief blicken lässt. Zwei Autoritäre ziehen sich an.

Eine Gruppe von außenpolitischen Experten, die nach eigenem Selbstverständnis den Republikanern nahesteht, hat kürzlich einen offenen Brief publiziert, worin sie über eine Trump-Präsidentschaft urteilt: "Die USA würde weniger sicher sein."

Trump würde das Verbot der Folter aufheben, und er würde Barack Obamas Start eines staatlichen Gesundheitssystems wieder rückgängig machen. Allein die allfälligen administrativen Probleme treiben Versicherungsexperten die Schweißperlen ins Gesicht. 17 Millionen würden von heute auf morgen wieder ohne Versicherungsschutz sein. Trumps Anhänger klatschen trotzdem, ist doch "Obamacare" sozialistisch. (Gerfried Sperl, 6.3.2016)