Auf VW könnten weitere Verfahren zukommen.

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Wien/Wolfsburg – Im Skandal um manipulierte Abgaswerte haben österreichische VW-Fahrer den Rechtsweg beschritten. Rund 20 Irrtumsklagen gegen VW-Händler sind anhängig, nun haben weitere VW-Besitzer das Gericht angerufen: Sie wollen sich vor der Fahrt in die Werkstatt von einem Sachverständigen zur Beweissicherung die alten Verbrauchswerte bestätigen lassen.

VW räumt in Anwaltsschreiben keine Mängel ein. Obwohl das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt einen Rückruf für alle VW mit der Betrugssoftware angeordnet hat und VW sich öffentlich reumütig zeigte, spricht der Konzern in Verfahren nicht von einem Mangel.

"Die Bereitschaft der Volkswagen AG zur technischen Überarbeitung beruht vor allem auf der unternehmenspolitischen Verantwortung, die die Volkswagen AG gegenüber ihren Kunden wahrnehmen möchte. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zutreffend, dass die beklagte Partei einen angeblichen Mangel eingeräumt hat", schreibt der Anwalt eines in Österreich wegen Irrtums geklagten VW-Händlers in einem vorbereitenden Schriftsatz.

Anwalt erwartet Nachteile durch Umrüstung

"Warum rufe ich dann etwas zurück, wenn es nicht mangelhaft ist?", fragt der Anwalt Michael Poduschka, der die klagenden Autofahrer vertritt. Er befürchtet, dass die Änderungen, die nun in den Werkstätten vorgenommen werden müssen, den Spritverbrauch erhöhen oder die Leistung verringern.

Die VW-Anwälte sind da weniger eindeutig: Durch die vorgesehenen Maßnahmen – Software-Update und/oder Anbringen eines Gitternetzes – werde der Stickoxidausstoß "so weit reduziert, dass die einschlägigen Grenzwerte eingehalten werden", schreiben sie an Poduschka. "Es ist unser Ziel, dass die Maßnahmen keinen nachhaltigen Einfluss auf Verbrauch und Leistung haben werden."

Sachverständiger soll Fahrzeuge überprüfen

Um später keine bösen Überraschungen zu erleben, hat Poduschka für Mandanten, die ihr Fahrzeug behalten wollen und eine Schadenersatzklage erwägen, eine gerichtliche Beweissicherung eingeleitet. "Wir wollen von einem Gerichtssachverständigen festgestellt haben, ob sich nach den Werkstättenbesuchen an drei Parametern – Treibstoffverbrauch, Leistung und Beschleunigungsverhalten – etwas ändert", sagt Poduschka. Der gerichtlich beeidete Sachverständige soll also eine Vorher- und eine Nachher-Messung durchführen. Bei der Überprüfung können auch VW-Vertreter anwesend sein und Fragen stellen.

Sollte sich herausstellen, dass sich nichts geändert hat, werden Poduschkas Mandanten von einer Klage absehen – dann hätten sie ja keinen Schaden. Bei einer Verschlechterung werden sie womöglich eine Schadenersatzklage gegen VW einbringen. Gerichtliche Beweissicherungen werden üblicherweise im Baubereich eingesetzt. "Für Rechtsschutzversicherte ist das eine günstige Variante", erklärt der Anwalt.

Deutsches Gericht: VW muss Autos nicht zurücknehmen

Poduschka vertritt auch VW-Fahrer, die bereits eine Irrtumsklage gegen den Autokonzern eingebracht haben. Die Argumentation: Der VW-Konzern stehe für Seriosität, beim Kauf eines Volkswagen hätten sich die Kunden ein manipulationsfreies Fahrzeug erwartet. Da sie das nicht bekommen haben, wollen sie das Auto loswerden und ihr Geld zurück.

In Deutschland hat am Mittwoch ein Richter in einem Zivilprozess festgestellt, dass die Schummelsoftware Hersteller und Händler nicht zur Rücknahme des Fahrzeugs verpflichtet. Es liege zwar ein Mangel vor, dieser sei aber nicht erheblich im rechtlichen Sinn. In Österreich sind rund 388.000 Fahrzeuge des VW-Konzerns von den Manipulationen der Abgaswerte betroffen. (APA, 3.3.2016)