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Polen setzt bei seiner Energieversorgung noch immer stark auf (Braun-)Kohle. Eine Abkehr von fossiler Energiebereitstellung wird abgelehnt, wohl auch, weil große polnische Kraftwerke in den vergangenen Jahren auf moderne Standards umgebaut wurden.

Foto: reuters/JIANAN YU

Wien/Paris – Wenn am 22. April das Klimaschutzübereinkommen in New York zur Unterzeichnung aufgelegt wird, sind natürlich Vertreter der EU mit dabei. Dennoch kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass der 28-Staaten-Block schwer gespalten ist, was die Umsetzung des in Paris verhandelten Abkommens betrifft.

"Es kann sein, dass das Abkommen in Kraft tritt, ohne dass die EU die notwendigen Ratifizierungsschritte gesetzt hat", sagt Stefan Schleicher, Ökonom am Wegener-Zentrum der Universität Graz. Das UN-Abkommen gilt dann als gültig, wenn 55 Staaten mit mindestens 55 Prozent der globalen Emissionen die notwendigen Schritte gesetzt haben.

"Fatales Signal"

Und die USA und China, die beide beim Ratifizierungsprozess auf die Tube drücken, stehen zusammen für mehr als 55 Prozent der Emissionen. "Das wäre ein fatales Signal für die Glaubwürdigkeit der EU-Klimapolitik", sagt Schleicher. "Was die EU betrifft, wäre der Akt der Unterzeichnung dann nur eine Medienshow."

Schneckentempo

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert, wie und wie langsam das Pariser Übereinkommen in der EU umgesetzt wird. Befürchtet wird, dass erst 2017/18 die Zustimmung aller EU-Mitgliedsstaaten vorliegen wird.

Denn einige Mitgliedsstaaten zeigen sich bei der Klimaschutzpolitik – und damit bei den notwendigen Schritten zu einer alternativen Energiestrategie – bockig. Da ist vor allem einmal Polen, das an seiner starken Ausrichtung auf Kohle festhält und das sich, so Schleicher, in Paris erfolgreich dagegen ausgesprochen hat, dass in den Vertragstext das Ziel einer "Dekarbonisierung der Wirtschaft" aufgenommen wird. Mit im Boot bei dieser Bremserpolitik sind Tschechien, die Slowakei und Ungarn – die Visegrád-Staaten. Aber auch Länder wie Italien mit einer noch immer starken Stahlindustrie sind über eine solche Boykottpolitik beim Klimaschutz nicht unglücklich.

40 Prozent weniger Ausstoß als Ziel

Vielfach ruhe man sich in der EU auf den 2030-Zielen aus, die 40 Prozent weniger Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid im Vergleich zu 1990 vorsehen, kritisieren mittlerweile viele Beobachter in Brüssel. Dieses 2030-Ziel aber genügt nicht, um die vom Menschen verursachte Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie im Abkommen von Paris vorgesehen ist. Das 2030-Ziel der EU sei gut für maximal zwei Grad plus.

Ein Problem ist, dass bei einer forscheren Klimaschutz- (und damit Energie-)Politik viele EU-interne Vorgaben aufgeschnürt beziehungsweise verschärft werden müssten. So etwa, wie die "Lastenverteilung" auszusehen hat. Unter Lastenverteilung wird verstanden, um wie viel jedes EU-Mitgliedsland seinen Treibhausgasausstoß in einem gewissen Zeitraum reduzieren soll. Aber, sagt Schleicher, "es gibt keine Bereitschaft für eine Reform".

Es ist das Fehlen von nationalen Vorgaben im Pariser Abkommen (im Gegensatz zum vorangegangenen Kioto-Klimaschutzprotokoll), das sich rächt. Schleicher meint, dass es für die EU-Umweltminister ohne solche nationalen Vorgaben schwieriger wird, anstehende, möglicherweise unangenehme Klimaschutzmaßnahmen durchzudrücken.

Reform des Emissionshandels

Und so stagniert beim Klimaschutz in der Union vieles. In dem Brüsseler Fachmagazin Climate Change News wird beklagt, dass Polen Reformen der EU-Klimaschutzpolitik boykottiere – und zwar sowohl bei einem Nachschärfen bis 2020 als auch für die Zeit danach.

Vordringlich sollte auch das EU-Emissionshandelssystem reformiert werden, das den Treibhausgasausstoß der energieintensiven Industrie und der Energieversorger regelt. Und zwar so, dass es für die Industrie zwingend wird, in energiesparende Technologien zu investieren. Davon ist man seit Einführung des Emissionshandelssystems weit entfernt.

Wegen großzügiger (Gratis-)Vergabe von Zertifikaten in den vergangenen Jahren haben die Firmen enorme Überschüsse an Zertifikaten ansammeln können. Es wird geschätzt, dass Zertifikate im Volumen von einem Jahresausstoß der gesamten betroffenen Branche ungenützt auf Halde liegen. Ein Zertifikat erlaubt den Ausstoß von einer Tonne CO2. Der Preis pro Tonne liegt deshalb auch nur bei fünf Euro. Schleicher: "Das ist umgelegt so viel, wie wenn ein Liter Treibstoff gerade einmal einen Cent kostet." (Johanna Ruzicka, 3.3.2016)