Wien – Die Wirtschaftskammer hat heute alle zehn Präsidenten aufgeboten um gegen Länderpläne für eine flächendeckende Lkw-Maut mobil zu machen. Diese wäre ein Angriff auf die ländlichen Regionen, warnte WKÖ-Präsident Christoph Leitl. "Wir zahlen genug, darum haben wir auch ein Recht darauf zu fahren", so Leitl. Und eines sei klar: "Die öffentliche Hand hat immer Hunger."

Die Zeche zahlen würden die Konsumenten. Laut einer WU-Studie würde eine Bemautung der Bundesstraßen – diese befinden sich im Besitz der Länder – jeden Bürger 77 Euro im Jahr kosten. Offen sei auch, ob sich nicht dadurch die Schülerfreifahrten verteuern würden. Hintergrund dazu: Auch Busse zahlen derzeit auf den Autobahnen und Schnellstraßen eine Lkw-Maut. Für die heimische Wirtschaft würde eine Ausdehnung der Maut eine Mehrbelastung von 650 Millionen Euro bedeuten, rechnete Leitl vor.

Eine ganz andere Rechnung stellten heute die Befürworter einer Mautausdehnung auf. "Österreichs Landes- und Gemeindestraßen bröseln. Schuld daran ist vor allem der Lkw, denn die Straßenabnutzung nimmt mit der Achslast extrem stark zu. Laut deutschem Verkehrsministerium belastet ein 40-Tonner die Straßendecke 60.000 mal stärker als ein Pkw", so Georg Willi, Verkehrssprecher der Grünen. Er erinnerte daran, dass sich die Wirtschaft durch den günstigen Ölpreis im Vorjahr 1,5 Mrd. Euro erspart hätte – was nicht an die Konsumenten weitergegeben worden sei.

Studie der TU-Wien

Willi verweist auf eine Studie der TU-Wien. Demnach geben die Länder derzeit pro Jahr für die Landesstraßen rund 280 Millionen Euro aus. Rechne man den tatsächlichen Bedarf für betriebliche Erhaltung, Sonderbauwerke, Straßenausrüstung, Verkehrszeichen und Verkehrsleitsysteme sowie den Erhaltungsbedarf von Tunnel- und Ampelanlagen dazu, käme man auf zirka 600 Millionen Euro pro Jahr.

Der stellvertretende Vorsitzende der Verkehrsgewerkschaft vida, Roman Hebenstreit, erinnerte daran, dass die ÖBB sehr wohl eine flächendeckende Maut auf der Schiene zahlen, das sogenannte Infrastrukturbenützungsentgelt. Dass die Frächter nur für einen Bruchteil der Straßen Maut zahlen behindere die Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene.

Die Arbeiterkammer wiederum meldete massive Zweifel an einer erheblichen Mehrbelastung der Konsumenten an. "Eine Studie des österreichischen Instituts für Raumplanung (ÖIR) im Auftrag der AK zeigt: Der Liter Milch würde sich um 0,16 Cent verteuern. Insgesamt liegt der Transportkostenanteil am Endpreis eines Produkts zwischen 4 und 6 Prozent. Die flächendeckende Maut würde zwischen 0,1 und 0,2 Prozent vom Endpreis ausmachen", so AK-Expertin Sylvia Leodolter.

Kosten auf 65 Millionen Euro geschätzt

Und sie weist auf einen weiteren Punkt hin: "Immer mehr Lkws weichen von den Autobahnen auf die Landesstraßen aus. Laut Schätzungen des ÖIR sind dies bis zu 4 Prozent: Die Kosten der Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut werden auf etwa 65 Millionen Euro geschätzt. Fast genauso viel kostet derzeit der Maut-Ausweichverkehr die Asfinag an Maut-Verlusten."

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) verwies die Wirtschaftskammer auf das Beispiel Schweiz. "Im Gegensatz zur Schweiz, wo flächendeckend am gesamten Straßennetz eine Maut für Lkw gilt, zahlen Lkw in Österreich auf nicht einmal zwei Prozent des Straßennetzes eine Maut", so VCÖ-Experte Markus Gansterer. Weiters wies der VCÖ darauf hin, dass der Lkw-Verkehr, der fast ausschließlich mit Diesel fährt, massiv von der steuerlichen Begünstigung von Dieseltreibstoff profitiere.

Ende April wird es jedenfalls spannend, dann wollen die Landesverkehrsreferenten ihre Studie zur flächendeckenden Maut vorstellen. Wobei hier ein Riss durch die Länder geht. Laut Wirtschaftskammer sind 4 Länder gegen die flächendeckende Maut: Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg. Salzburg wiederum kritisierte die Ablehnung der Mauterweiterung. (APA, 2.3.2016)