Vor einiger Zeit sagte Außenminister Sebastian Kurz im Hinblick auf die Abwehr von Flüchtlingen: "Es wird ohne hässliche Bilder nicht gehen."

Es ist so weit. Die mazedonische Polizei setzte an der mazedonisch-griechischen Grenze Tränengas gegen Flüchtlinge ein. Im Bild sah man teils junge Männer, die den Zaun niederreißen wollen, teils Kinder, die vor dem Gas fliehen.

Das ist die direkte Folge der Kurz-Mikl-Leitner-DoskozilFaymann-"Lösung" zur Abriegelung der "Balkanroute". "Wir sind net schuld", sagten Mikl-Leitner und Doskozil nach dem Ministerrat am Dienstag. Eine falsche Behauptung. Unter Federführung von Sebastian Kurz wurden die Westbalkanländer, vor allem aber Mazedonien, bewogen, praktisch niemanden mehr aus Griechenland durchzulassen. Da aber der Zustrom aus der Türkei nach Griechenland anhält, stauen sich Tausende an der Nordgrenze, und Griechenland wird durch die anschwellende Zahl völlig unterversorgter Flüchtlinge destabilisiert.

Einschub: Dies ist der Versuch, objektive Gegebenheiten möglichst wertfrei darzustellen. Es ist jedermann klar, dass die (mittel)europäischen Gesellschaften psychologisch und politisch einen anhaltenden Zustrom nicht aushalten. Es ist aber nicht jedermann klar, was eine halbwegs brauchbare Lösung sein könnte – und was nicht.

Sebastian Kurz, Mikl-Leitner und zuletzt auch Faymann wollen Griechenland für alles verantwortlich machen. Dazu ist das Land aber nicht in der Lage. Das Griechenland-Bashing (Faymann: "Verhält sich wie ein Reisebüro") negiert die Realität vor Ort:

Die Türkei lässt jeden Tag Schlauchboote mit tausenden Flüchtlingen in Richtung griechische Inseln starten. Wenn nun die griechische Marine oder Frontex oder die Nato diese Boote aufbringt, hat das nur Sinn, wenn sie wieder in türkische Häfen zurückgeschleppt werden können. Dazu ist zwingend das Einverständnis der Türken notwendig, das (noch?) nicht vorliegt. Die andere, jetzt geplante Variante wäre, dass die Nato die Boote lokalisiert und dann die türkische Küstenwache dorthin dirigiert, worauf diese sie wieder zurück in die Türkei schleppt. Das ist an sich so ausgemacht, funktioniert aber (noch?) nicht.

Jede andere Form des "Schutzes" der Grenze bedeutet logisch, dass man die (überwiegend nicht seetüchtigen) Boote nicht auf den Inseln landen lässt und auf die hohe See hinausschickt, wo viele ihrer Insassen sterben. Das ist die "australische Methode". Ob das Kurz & Co wollen?

Dagegen gibt es den Merkel-Plan, der da lautet: Abkommen mit der Türkei. Die nimmt die Bootsflüchtlinge zurück, dafür dürfen pro Jahr rund 200.000 aus der Türkei direkt und geordnet nach Europa. Menschen ohne Asylchance (Afghanen, Iraner, Nordafrikaner) werden schon in Hotspots in Griechenland abgewiesen und repatriiert. Das wäre ein gesamthafter europäischer Plan, der aber Zeit braucht. Österreich glaubt jedoch nicht daran, will nicht warten und hat mit dem Kurz-Faymann-Plan den Merkel-Plan unterlaufen. So ist derzeit die objektive Lage. (Hans Rauscher, 1.3.2016)