Fünf genetische Varianten beeinflussen die Dichte der Östrogen-Rezeptoren auf die Brustgewebszellen, haben Forscher herausgefunden.

Foto: APA/BKFP/Unkart

Cambridge/Wien – In den westlichen Industriestaaten erkrankt über die gesamte Lebenserwartung hinweg gesehen jede achte Frau an einem Mammakarzinom. Zu viele, aber auch zu wenige Östrogen-Rezeptoren und unterschiedlich gut funktionierende Rezeptorvarianten im Brustgewebe der Frau dürften gleichermaßen für ein erhöhtes Brustkrebsrisiko verantwortlich sein. Das hat eine internationale Studie aus Cambridge (Großbritannien) und Australien ergeben, zu der auch Wiener Wissenschafter von der Frauenklinik der MedUni Wien beigetragen haben. Insgesamt wurden dabei die genetische Daten von 120.000 Frauen ausgewertet.

In Summe identifizierten das Forscherteam von Alison Dunning von der Universität in Cambridge fünf Gen-Varianten im Umfeld des Gens für den Östrogen-Rezeptor (ESR1), die offenbar einen unterschiedlichen Effekt auf das Brustkrebsrisiko haben.

Die Studie zeigte, dass etwa ein Drittel der erkrankten Frauen eine der fünf Genvarianten aufweist. Vier von ihnen "waren stark mit der Entstehung von Tumoren korreliert, bei denen der Östrogen-Rezeptor (ESR1) ausgeschaltet ist und auch die Tumorzellen keinen Östrogen-Rezeptor aufweisen", heißt es vonseiten der Universität Cambridge. Bei einer Genvariante hingegen wurde der Östrogen-Rezeptor hinaufreguliert.

Einfluss der Rezeptordichte

"Es ist interessant, dass alle fünf dieser genetischen Varianten, die wir gefunden haben, die Dichte der Östrogen-Rezeptoren auf Brustgewebezellen beeinflusst. Das deutet darauf hin, dass es eine optimale Bandbreite für die Rezeptordichte gibt: zu wenige oder zu viele – und Zellen des Brustgewebes können bösartig werden", sagt Studienleiterin Alison Dunning.

Es handle sich um Gen-Varianten, welche die Funktion des Hormonrezeptors beeinflussen, ergänzt Christian Singer von der Wiener Universitäts-Frauenklinik, der ebenfalls an der Studie mitgearbeitet hat. Man untersuche in solchen Studien die Charakteristiken einer großen Anzahl von Frauen, auch von Brustkrebspatientinnen – etwa mit familiär gehäuft auftretendem Mammakarzinom. Viele der Genvarianten hätten keinen nachweisbaren Effekt und würden eher Grundrauschen repräsentierten, andere wiederum sehr wohl, so das Fazit der Autoren.

Antihormonelle Behandlung

Vorhandensein, Dichte oder Absenz von Östrogen-Rezeptoren beeinflusst den Charakter von Mammakarzinomen entscheidend. Östrogenrezeptor-positiver Brustkrebs macht demanch 60 bis 70 Prozent der Fälle aus. Dabei ist der Tumor auf den Wachstumsimpuls durch die weiblichen Geschlechtshormone angewiesen.

Weitere 15 bis 20 Prozent der Mammakarzinomerkrankungen fallen unter die HER-2-positiven Formen, wiederum 15 bis 20 Prozent der Tumore sind "Triple negativ", das heißt, es gibt offenbar keine molekularen Charakteristika, über die man derzeit diese Tumore gut beeinflussen könnte.

Bei Östrogen-Rezeptor-positiven Erkrankungen kann eine antihormonelle Behandlung einen guten Effekt haben, bei HER-2-positiven Tumoren hingegen ein monoklonaler Antikörper, welcher diesen Faktor blockiert. In Österreich werden rund 5.000 solche Diagnosen gestellt, die Zahl der jährlichen Todesopfer beträgt rund 1.600. (APA, 1.3.2016)