Die Kurslisten der österreichischen Volkshochschulen lesen sich zum Teil wie das Programm einer Esoterikmesse.

Foto: APA/dpa/Waltraud Grubitzsch

"Astrologie hat heutzutage nichts mit Wahrsagerei zu tun, es ist die Lehre von der Zeitqualität. Das Horoskop ist der Plan, aus dem wir unsere persönlichen Anlagen, Begabungen, Lebensaufgaben, Lernthemen und Schwerpunkte erkennen können. Wollen Sie einen Blick in Ihr Horoskop riskieren und darauf, was das Leben noch für Sie bereithält?"

Wer diesen Blick "riskieren" wollte, konnte das im Dezember tun. Und zwar nicht auf irgendeiner Esoterikmesse oder in einem ähnlich unseriösen Umfeld, sondern in einer Vortragsreihe der Volkshochschule Zwettl in Niederösterreich. Drei Kurse über "Moderne, psychologisch orientierte Astrologie" konnte man sich dort anhören.

Auch im Sommersemester bietet das VHS-Programm "Bildung" der besonderen Art: "Krankheitsmuster aufspüren und deren Auflösung erleben" und "Energieausgleich im Meridiansystem aktivieren" kann man sich im Kurs über "Bioenergetische Regulationstechnik" beibringen lassen. Dieselbe Referentin erklärt in einer anderen Veranstaltung, wie man (angeblich) den schulischen Erfolg von Kindern mit ätherischen Ölen steigern kann.

Deutlicher Trend

Die Volkshochschule Zwettl mag nicht zu den wichtigsten und prominentesten Bildungseinrichtungen des Landes gehören. Aber sie verdeutlicht einen Trend, der langsam besorgniserregend wird. Der Verband Österreichischer Volkshochschulen schreibt auf seiner Website:

"Die Volkshochschulen verstehen sich als der Demokratie verpflichtete, weltanschaulich an die Menschenrechte gebundene, von politischen Parteien unabhängige Bildungseinrichtungen. Sie sind Erwachsenenbildungseinrichtungen, die Bildungsanlässe durch öffentliche Angebote organisierten Lernens setzen, Bildungsprozesse professionell in Gang bringen, unterstützen und begleiten."

Niemand kann daran zweifeln, dass die Erwachsenenbildung eine wichtige Aufgabe ist. Die Welt verändert sich, und nur weil man irgendwann die Pflichtschulausbildung absolviert hat, heißt das nicht, dass es danach nichts Neues mehr zu lernen gibt. Einrichtungen wie die Volkshochschulen bieten hier die wunderbare Gelegenheit, lokal und für meistens vergleichsweise geringe Gebühren neues Wissen in den verschiedensten Gebieten zu erlangen. Ich selbst bin immer noch dankbar für meine grundlegenden Italienischkenntnisse, die ich vor langer Zeit in einem Sprachkurs für Kinder an der VHS Krems erworben habe.

Esoterisches Sammelbecken

Die Sprachkurse machen weiterhin einen wichtigen und großen Teil des Kursprogramms der verschiedenen Volkshochschulen aus. Daneben gibt es viele andere Bereiche, in denen man sich weiterbilden kann. Ein genauer Blick in die Programme zeigt aber, dass sich dort auch jede Menge Esoterik, Aberglaube und Pseudowissenschaft finden.

Die Zweigstelle Tamsweg der VHS Salzburg hat beispielsweise einen Kurs über Homöopathie im Programm ("Die homöopathische Hausapotheke: Wie kann die Kraft von Arnica, Chamomilla und Co für die Gesundheit genutzt werden?"), an der VHS Steiermark kann man sich über die "Homöopathische Sommerapotheke" und "Homöopathie bei Erkältungskrankheiten" informieren. "Homöopathie für die Familie" gibt es an der VHS Baden, die im Kursprogramm auch behauptet, dass es "für jede Erkrankung die passende homöopathische Therapie" gibt. Zwei Kurse in Homöopathie gibt es an der VHS Linz und vermutlich noch an vielen anderen Volkshochschulen des Landes.

Pseudowissenschaftszentrum Oberösterreich

Die beliebte Pseudomedizin mit den Zuckerkugeln ist aber bei weitem nicht die einzige esoterische Disziplin im VHS-Programm. Ein "TCM-Kochkurs" an der VHS Klagenfurt verspricht: "Wir entgiften die Leber und die Gallenblase." An der VHS St. Pölten bekommt man "Feng Shui" erklärt, und auch an der VHS Melk kann man "Besser leben mit Feng Shui". Dort lässt sich außerdem noch "Pendeln in Theorie & Praxis" erlernen, denn: "Jeder Mensch besitzt die Fähigkeit zu pendeln, nur ist diese Gabe oft verschüttet und muss wiedererweckt werden. In diesem Seminar erlernen Sie, wie Sie in Ihrem Haus den geeigneten Schlafplatz finden (frei von Wasseradern und anderen Störzonen)." Zahlenmystik hat hingegen die VHS Tirol im Programm, ebenso einen schamanistischen Diätkurs, um das Wunschgewicht zu erreichen.

Ein wahres "Kompetenzzentrum" für Pendler, Wasseradersucher und Rutengeher scheint die VHS Oberösterreich zu sein. Ganze 41 Kurse finden sich dort derzeit zu diesem Thema. Neben der Ausbildung von Anfängern und Fortgeschrittenen gibt es dort auch Veranstaltungen zu speziellen Fragen wie der "Wohnraum- und Schlafplatzentstörung", dem "Arbeiten mit der Einhandrute/Tensor" und dem "Arbeiten mit der Grifflängenrute".

Unwirksame Richtlinien

Man muss heutzutage schon fast froh sein, wenn sich im Kursprogramm einer Volkshochschule nur die übliche, leicht esoterisch angehauchte fernöstliche Mischung aus Yoga, Meditation et al. findet. Astrologie, Wünschelruten, Homöopathie und derlei anderer Unsinn haben im Katalog einer seriösen Volksbildungseinrichtung aber definitiv nichts zu suchen. Wenn die Vertreter dieser Disziplinen mit entsprechenden Kursen Geld verdienen wollen, sollen sie das privat erledigen, aber nicht die Seriosität der Volkshochschulen für ihre Zwecke missbrauchen (denn natürlich wird der Status als "VHS-Kursleiter" von den Esoterikern für ihre Eigen-PR benutzt).

Es ist zwar durchaus nachvollziehbar, dass viele Volkshochschulen angesichts eines geringen Budgets und mangelnden Publikums der Versuchung erliegen, ihr Programm mit (scheinbar) attraktiver Esoterik aufzupeppen. Nachvollziehbar – aber nicht verständlich und auf gar keinen Fall akzeptabel. Das sieht übrigens auch der Verband Österreichischer Volkshochschulen so. Dort gibt es eigene "Richtlinien zum Umgang mit Esoterikangeboten", in denen aufgelistet wird, was alles nicht Teil des Angebots sein sollte. Unter anderem "Spekulative Verfahren ohne Wirkungsnachweis", worunter eigentlich all die Kurse fallen, die ich weiter oben aufgezählt habe (und noch viele andere, für die hier kein Platz mehr war).

Überforderte Bildungsvermittler

In der Einleitung der VHS-Richtlinien wird erklärt: "Volkshochschulen sind in erster Linie Bildungsvermittler. Sie sind innovativ mit einer hohen Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit neuen Ideen. Das erfordert eine aufmerksame Beobachtung der gesellschaftlichen Entwicklung und einen verantwortlichen Umgang mit Bildungsangeboten. Eine besondere Herausforderung stellen Angebote in Grenzbereichen der Religion, Gesundheitsbildung, Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung dar, insbesondere im Zusammenhang mit Esoterik."

Es scheint, als sei man dieser "besonderen Herausforderung" nicht ganz gewachsen ... (Florian Freistetter, 1.3.2016)