Wien – Im Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sieht man für Österreich die weitere Expansion des Bruttoinlandsprodukts bis Sommer recht gut abgesichert. Bis zur Jahresmitte 2016 könne man noch zuversichtlich von einem Anhalten des Wachstumspfades ausgehen, meinte Wifo-Experte Jürgen Bierbaumer-Polly am Montag.

Zwar habe der Wifo-Frühindikator Ende Jänner erstmals leicht nach unten gezeigt, doch habe dieser Indikator eine Vorlaufzeit von vier bis sechs Monaten. Zudem habe sich das Bild in Österreich auch gegenüber Deutschland in den letzten Monaten leicht gebessert. Positiver sei das Bild in Österreich durch die Steuerreform, wo die Menschen nun mehr Geld zur Verfügung hätten. In Deutschland dagegen seien das Konsumentenvertrauen und der ifo-Index im Jänner und Februar deutlich gesunken.

Schon im Jahresverlauf 2015 habe sich in Österreich das Konjunkturbild schrittweise verbessert, in Deutschland sei es von der Tendenz her aber eher rückläufig gewesen. Unser Nachbar – und wichtigster Außenhandelspartner Österreichs – habe ein starkes erstes Halbjahr verzeichnet, dann habe sich das Wachstum sukzessive abgeschwächt, sodass schließlich Deutschland, Eurozone und Österreich jeweils 0,3 Prozent BIP-Plus im Schlussquartal aufwiesen.

Weniger optimistisch

So optimistisch wie die Nationalbank (OeNB), die im Dezember 0,5 Prozent Wachstum fürs 1. und 2. Quartal 2016 vorhergesagt hatte, ist das Wifo laut Bierbaumer-Polly nicht: "Das ist eher die Obergrenze." Laut aktuellen Umfragen liege man eher darunter. Im Jänner und Februar sei die Lagebeurteilung nicht mehr so stark angestiegen, sondern habe eher stagniert – auch im Sachgüterbereich hätten die Erwartungen trotz aktuell robust eingeschätzter Lage leicht nach unten gezeigt. Zwar wirke die Steuerreform nun ankurbelnd auf den Konsum – die verfügbaren Einkommen der Haushalte sollen 2016 um 0,5 Prozent steigen -, im Gegenzug würden die flüchtlingsbezogenen Ausgaben durch die Bremse bei der Zahl der Flüchtlinge aber gedämpft.

Vor allem die seit Spätsommer stark gestiegenen Flüchtlingsausgaben waren es auch, die zu Jahresende – neben kleinen Vorzieheffekten auf die Steuerreform – einen zusätzlichen Konjunkturschub ausgelöst haben. Dies betreffe primär die öffentlichen Konsumausgaben zur Flüchtlingsbetreuung in der Grundversorgung, aber auch einen ausgeweiteten Privatkonsum durch Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung (Auszahlung von Taschengeld) nach einem positiven Asylbescheid.

Solcherart stieg die Konsumnachfrage im 4. Quartal um insgesamt 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Dabei wies der private Konsum mit +0,2 Prozent eine geringere Dynamik auf als der öffentliche Konsum (+0,6 Prozent). "Bestimmend für die Ausweitung war in beiden Fällen die durch die Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge induzierte Nachfrage", erklärte das Wifo am Montag in einer Aussendung. Dabei habe es im 4. Quartal im Weihnachtsgeschäft des Handels wohl schon gewisse Vorgriffe auf die Steuerreform gegeben – darauf würden Indikatoren deuten, so Bierbaumer-Polly. Dabei sei das Konsumvertrauen selbst aber gegen Ende 2015 auf einem so niedrigen Stand wie zuletzt bei der Krise 2008 gewesen.

Drittes 0,3-Prozent-Wachstum in Folge

Das BIP insgesamt legte im Schlussquartal schon zum dritten Mal hintereinander um real 0,3 Prozent im Vergleich zum vorhergehenden Vierteljahr zu. Damit bestätigte das Wifo jetzt seine Schnellschätzung von Ende Jänner. Für das Gesamtjahr 2015 ergab sich wie schon damals angenommen ein BIP-Wachstum von 0,9 Prozent. Unter Berücksichtigung der Zahl der Arbeitstage wäre das Wachstum voriges Jahr mit 0,8 Prozent etwas schwächer gewesen. Zuletzt, im Dezember, sind die heimischen Konjunktur-Institute sowohl für 2016 als auch 2017 von einem realen Wirtschaftswachstum von jeweils 1,7 (Wifo) bzw. 1,6 (IHS) Prozent ausgegangen.

Gestützt wurde das Wachstum des 4. Quartals laut Wifo neben dem Konsum (+0,3 Prozent) durch die im Quartalsabstand um 0,5 Prozent gewachsenen Bruttoanlageinvestitionen um 0,5 Prozent. Die Außenwirtschaft dämpfte aber wegen ihres negativen Saldos, da die Importe mit +1,3 Prozent stärker stiegen als die Exporte (+0,7 Prozent). Der Negativbeitrag des Außenhandels könnte laut Bierbaumer-Polly im 1. und 2. Quartal anhalten. Die Wertschöpfung in der Warenproduktion nahm in Q4 gegenüber der Vorperiode real um 0,5 Prozent zu. Fürs Gesamtjahr 2015 ergab sich für die Sachgütererzeugung ein Anstieg von 1,3 Prozent gegenüber 2014. Rückläufig war die Wertschöpfung im Quartalsabstand in Bergbau, Energie- und Wasserversorgung. Die Sektoren Handel, Kfz wiesen dagegen – aufgrund einer stärkeren Großhandelsentwicklung im Einklang mit dem Anstieg der Warenimporte – ein etwas höheres Ergebnis aus als in der Schnellschätzung vor einem Monat. (APA, 29.2.2016)