Donald Trump hat aus seiner Verachtung für Mexikaner kein Hehl gemacht: "Sie bringen Drogen, sie bringen Kriminalität, sie sind Vergewaltiger." Deshalb will Trump, sollte er Präsident der USA werden, an der 1933 Meilen langen US-amerikanisch-mexikanischen Grenze eine Mauer errichten.

Vor kurzem hat Papst Franziskus dem Milliardär deswegen abgesprochen, Christ zu sein: "Jemand, der nur daran denkt, Mauern zu bauen, ganz egal wo das ist, und keine Brücken, ist nicht christlich. Das entspricht nicht dem Evangelium." Die Papstkritik hat Trump offenbar weder bei den Vorwahlen in Nevada, wo fast ein Drittel der Bevölkerung katholisch ist, noch in South Carolina, wo der Katholikenanteil unter fünf Prozent liegt, geschadet.

Ein halbes Jahr vor der Papstkritik hatte sich bereits der katholische Erzbischof von New York, Kardinal Timothy Dolan, mit Trump angelegt. Dolan verglich Trumps Herabwürdigung der vorwiegend zum katholischen Glauben gehörenden Mexikaner mit jener Ablehnung und Diffamierung, die die katholischen Einwanderer aus Irland im 19. Jahrhundert durch die protestantische Bevölkerungsmehrheit erfuhren. Als Beispiel dafür nannte Dolan den bedeutenden amerikanischen Lyriker Walt Whitman. Dieser bezeichnete die etwa 1,8 Millionen irischen Migranten, die während der großen Hungersnot in ihrem Land (1845 bis 1852) nach Nordamerika eingewanderten, als "Bodensatz ausländischen Schmutzes" und "Müll aus Klöstern". "Gott sei Dank", merkte Dolan an, "ist Whitman beim Dichten geblieben und hat nicht für das Präsidentenamt kandidiert".

Eines der bekanntesten Gedichte in Whitmans Band Grashalme beginnt übrigens mit folgenden Worten: "Ich feiere mich selbst und ich singe mich selbst." Im originären Verständnis Whitmans bedarf diese Aussage einer differenzierten Interpretation. Würde man die Gedichtzeile hingegen auf Trump beziehen, so spiegelt sie Trumps pompöse Selbstinszenierung und seinen platten Narzissmus vortrefflich wider.

Wer die Xenophobie der weißen anglosächsischen Protestanten (WASPs) im Amerika des 19. Jahrhunderts, die in Ethnologie und Soziologie als "Nativismus" bezeichnet wird, aufmerksam betrachtet, wird überraschend feststellen: Es gibt frappierende Ähnlichkeiten zwischen den aus Irland eingewanderten Katholiken im Amerika des 19. Jahrhunderts und den aus dem Nahen und Mittleren Osten eingewanderten Muslimen im Europa des 21. Jahrhunderts, sowohl tatsächlich als auch in der Wahrnehmung der jeweiligen einheimischen Bevölkerung.

Lästige irische Eindringlinge

Die irischen Einwanderer, unter ihnen viele ungelernte Farmarbeiter, überquerten den Atlantik mit schlecht ausgestatteten Booten, die "coffin ships" ("Sargschiffe") genannt wurden, weil todbringende Krankheiten auf ihnen grassierten und viele die Überfahrt nicht schafften. Die weißen amerikanischen Protestanten betrachteten die katholischen Einwanderer als ungebildete, lästige Eindringlinge, die das rechtschaffene Amerika durch ihre fremde Kultur und ihre obskuren religiösen Praktiken, ihren Kinderreichtum und ihre demokratiefeindliche Papsthörigkeit gefährdeten.

Da viele Iren über keine Berufsausbildung verfügten, übernahmen sie niedrige, schwere und schmutzige Arbeiten zu niedrigen Löhnen, was ihnen den Hass der angestammten Arbeiterklasse eintrug. Die meisten Iren ließen sich in den Städten nieder, vergrößerten dort das Heer der Arbeitslosen und belasteten die Gemeindebudgets mit zusätzlichen Kosten.

Es kam zur Gründung militant antikatholischer Organisationen wie der American Party ("Know-Nothings") und der American Protective Association; im 20. Jahrhundert wurde diese antikatholische Tradition vom Ku-Klux-Klan weitergeführt. In der Nähe von Boston zündete eine nativistische Meute im August 1834 einen Konvent der Ursulinen an, ein paar Jahre später brannten in Philadephia katholische Kirchen. Es kam allerdings auch zwischen den Iren und den aus Deutschland, Frankreich, Italien und Polen eingewanderten Katholiken zu erheblichen Spannungen und deshalb zur Errichtung nach Nationen getrennter Pfarrgemeinden.

Angst vor Glaubensstaat

Die größte Angst US-amerikanischer Nativisten bestand darin, dass es den einwandernden Papisten gelingen könnte, die Trennung zwischen Kirche und Staat zu beseitigen und einen katholischen Glaubensstaat zu errichten. Diese Angst war nicht ganz unbegründet: Die Päpste Gregor XVI. und Pius IX. hatten sich im 19. Jahrhundert vehement gegen den "Wahnsinn" der Gewissens- und Meinungsfreiheit ausgesprochen.

Amerikanische Theologen wie der Konvertit und Ordensmann Isaac Thomas Hecker, die sich um einen toleranten, mit der amerikanischen Demokratie kompatiblen Katholizismus bemühten, wurden von Rom zurückgepfiffen.

Es hat bis zum Dezember 1965 gedauert, bis sich die katholische Kirche auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil offiziell zur Religionsfreiheit bekannt hat. Der theologische Architekt dieser Konzilserklärung war übrigens John Courtney Murray, ein Jesuit aus – richtig geraten – den Vereinigten Staaten von Amerika. (Kurt Remele, 26.2.2016)