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Die Surferszene rund um die Münchner Eisbachwelle ist umtriebig. Bei diesem nächtlichen Surfausflug im Jahr 2013 wurde der Flussabschnitt mit Scheinwerfern ausgeleuchtet.

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Innsbruck – Wie baut man am besten eine Welle? An Markus Aufleger wurde diese Frage von seinen Studenten schon vor mehr als zehn Jahren herangetragen, als er noch Leiter der Versuchsanstalt für Wasserbau der Technischen Universität München war. Vorbild dafür war die Eisbachwelle, für die die bayrische Landeshauptstadt unter Flusssurfern berühmt ist. Am Eingang zum Englischen Garten produziert der Eisbach, eine Ableitung der Isar, eine stehende Welle, die mittlerweile sogar einschlägige Festivals und Wettbewerbe hervorgebracht hat.

Die Stadt München hat das früher illegale Surfen sogar durch einen Grundstückstausch mit dem Land Bayern legalisiert. Als Eigentümer des Englischen Gartens wollte Bayern das Surfen dort untersagen. Aufgrund von Surferprotesten kam es zum Tausch von ein paar Quadratmetern mit der Stadt, die das Surfen dort erlaubt.

Der Ursprung der Attraktion liegt eigentlich in einem zufälligen Konstruktionsfehler. "Die Eisbachwelle ist wegen des schlechten Wasserbaus entstanden", sagt Aufleger. Heute ist er Leiter des Arbeitsbereichs Wasserbau an der Technischen Fakultät der Universität Innsbruck. Inzwischen haben viele Gemeinden und Städte in Deutschland und Österreich bei ihm nachgefragt, wie man am besten eine Surfwelle im Fluss erzeugt. Neben dem Tagesgeschäft, das von Wasserkraft und Wasserschutz, Sedimenttransport und Renaturierung geprägt ist, führen er und sein Team heute einschlägige Untersuchungen, Beratungen und Machbarkeitsstudien hinsichtlich stehender Wellen durch.

In Nürnberg und Hannover, im Zillertal und an anderen Orten sind Flusswellen in Planung. Auch in der Tiroler Landeshauptstadt gab es bereits einen Versuch, dort hat es aber nicht richtig funktioniert. "Da hat man gemerkt, wie schwierig das alles ist", sagt Aufleger. "Wir haben uns das dann genauer angesehen." Das Ergebnis: Das Verhältnis von Abfluss und Höhenunterschied stimmt in Innsbruck nicht. Gemeinsam mit einem Unternehmenspartner, der Firma Dreamwave aus Köln, haben Aufleger und Kollegen nun die Bedingungen für eine perfekte Welle erforscht. Wie bei Wasserbauern üblich, ging man auch hier ins hydraulische Labor, machte Experimente in der Versuchsrinne und baute ein Modell einer Konstruktion, die eine Surfwelle erzeugt – im Maßstab eins zu fünf.

Die richtige Höhe

Der ideale Standort für den Bau einer Flusswelle sollte ökologisch verträglich sein, vorhandene Strukturen verwenden und keinen Aufstau erzeugen. Aufleger würde nach einer bestehenden Stufe mit Rampenstruktur oder einem Absturz suchen. Anders als bei einem Wasserkraftwerk reicht dabei ein geringer Höhenunterschied von etwa einem Meter. "Es braucht einen Unterschied im Wasserspiegel, und der muss genau zum Abfluss passen, der im Augenblick vorhanden ist."

Das Problem dabei: Die Wassermenge, die ein Bach oder ein Fluss mit sich führt, ist nicht immer die gleiche. Beim Münchner Eisbach haben die Surfer das Glück, dass dieser als eine vollständig regulierte Ableitung keinen großen Schwankungen unterliegt. "Es reicht nicht, einfach nur ein paar Steine passend anzuordnen. Wenn man einmal viel und dann wieder wenig Wasser hat, braucht man ein System, das man einstellen kann", sagt Aufleger. Nur so könne man die Welle das ganze Jahr hindurch nutzen.

Die Konstruktion, die die Wasserbauer entwickelten, sieht so aus: Eine sogenannte Schütz, eine vertikal aufgerichtete Platte, stemmt sich dem fließenden Wasser entgegen und wird von ihm überlaufen. "An der Schütz hängt flussabwärts eine weitere Platte, die ebenfalls verstellbar ist", sagt Aufleger. "Und am Ende dieser Platte hängt noch eine kleine Klappe dran, mit der man die Form der Welle optimieren kann."

Bei schmalen Bächen könne man eine solche Konstruktion mittels einer Kurbel steuern, bei größer dimensionierten Anlagen komme ein Elektromotor und Hydrauliksysteme zum Einsatz. Auf diese Art könne mit unterschiedlichen Wasservolumina eine Welle generiert werden: Wenn viel Wasser kommt, stellt man die Konstruktion nach oben, bei wenig Wasser nach unten, damit sich der gewünschte Abfluss ergibt und ein Rücklauf vermieden wird. Denn dieses Phänomen, das entsteht, wenn sich Wasser gegen die allgemeine Flussrichtung bewegt, ist gefährlich.

Die sogenannten Walzen, die unter Schwellen und Wasserstürzen zirkulieren, drücken die Menschen, die hineingeraten, immer wieder nach unten und machen es schwer, zu entrinnen. "Wenn man eine Welle falsch plant, kann es einen derartigen Rücklauf geben", sagt Aufleger. "So etwas muss man vermeiden." Richtig gemacht, bleibe die Welle harmlos.

Die Szene wächst

Noch ist das Wellenkonzept der Innsbrucker Wasserbauer noch nirgendwo in der Praxis umgesetzt worden. Geplant sind allerdings entsprechende Flussbauten etwa in Hannover und im Zillertal in Tirol. Surfer kommen immer wieder nach Innsbruck, um sich Auflegers Modell anzusehen und Input zu liefern. Das Zentrum der Szene ist nach wie vor die Münchner Eisbachwelle, doch in Zukunft ist mit einem höheren Aufkommen von Flusssurfern zu rechnen. Aufleger: "Wenn es eine Welle gibt, fangen Leute mit dem Surfen an. Jede funktionierende Welle generiert eine Szene." (Alois Pumhösel, 27.2.2016)