Wahlkampf in Teheran: Zum zehnten Mal seit der Revolution im Jahr 1979 sind die Bürger und Bürgerinnen der Islamischen Republik aufgerufen, ein Parlament zu wählen

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Die Wahl für die zehnte Legislaturperiode der Islamischen Republik Iran am Freitag unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht von früheren Parlamentswahlen. Auf der einen Seite haben die Konservativen Probleme, wegen der enormen Anzahl ihrer vom Wächterrat zugelassenen Kandidaten alle in einer Liste unterzubringen. Und auf der anderen Seite müssen die Reformer und ihnen nahestehende Gruppen nach geeigneten Kandidaten auch in anderen politischen Gruppierungen suchen, um ihre Listen überhaupt vollzubekommen. Denn anders als bei den Konservativen sind die meisten ihrer Kandidaten an der Barriere des Wächterrats gescheitert.

55 Millionen Iranerinnen und Iraner sind diesmal wahlberechtigt. Für 290 Sitze im Majlis werden mehr als 3000 zugelassene Kandidaten antreten – sie sind von 12.000 übrig geblieben, die der Wächterrat, der über die Zulässigkeit von Kandidaturen entscheidet, unter die Lupe genommen hat. Unter ihnen sind diesmal auch viele Frauen. Die Voraussetzungen zur Kandidatur waren – abgesehen von der politischen Orientierung – hochgesteckt, unter anderem wurde ein Universitätsabschluss verlangt.

Ein allerletzter Versuch Präsident Hassan Rohanis, den Wächterrat zu mehr Flexibilität zu ermuntern, was die Reformkandidaten betrifft, scheiterte kläglich: Nur wenige den Reformern nahestehende Personen wurden in letzter Minute zugelassen.

Warnung vor der BBC

Trotz aller Kritik unter anderem Rohanis wurde das Vorgehen des Wächterrats immer wieder vom religiösen Führer Ayatollah Ali Khamenei gelobt, zuletzt vorigen Mittwoch. Entgegen seinen Gepflogenheiten gab Khamenei den Wählern und Wählerinnen sogar eine Botschaft mit: Sie sollten sich nicht durch ausländische Medien wie die "königliche Stimme aus England" – BBC Farsi – beeinflussen lassen.

Bei den Parlamentswahlen stehen zwei Wahllisten im Mittelpunkt des Interesses: jene der Konservativen um den früheren Parlamentspräsidenten Gholam Ali Haddad-Adel und jene des früheren Vizepräsidenten Mohammed Khatamis, Mohammed Aref, der für das Reformlager steht. Personen, die nicht in die großen Wahllisten aufgenommen wurden – vor allem Konservative –, treten mit eigenen an, stehen aber eher auf verlorenem Posten, auch wenn sich um manche Einzelpersonen herum so etwas wie Quasiparteien gebildet haben.

Mehr Frauen ins Parlament

Die Reformer wollten den Frauenanteil im Parlament auf dreißig Prozent erhöhen und haben allein in Teheran acht Frauen in ihre 30-köpfige Liste aufgenommen. Die Reformer-Wahlliste ist sehr vielfältig, vor allem scheint eine Koalition zwischen Reformern und gemäßigt Konservativen zustande gekommen zu sein, die bis vor kurzem undenkbar war. Auf der Liste der Konservativen um Haddad-Adel finden sich hingegen auch Personen, die als zum Kreis um den früheren Regierungschef Mahmud Ahmadi-Nejad gehörig einzuordnen sind.

Auch die am Wächterrat gescheiterten Bewerber haben in keiner Weise zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Bis 24 Stunden vor Wahlbeginn am Freitag, dem 26. Februar, werden die Kandidaten um die Gunst der Wähler kämpfen. Hassan Rohani kann sich gute Chancen ausrechnen, in der kommenden Legislaturperiode die Mehrheit der Parlamentarier auf seiner Seite zu haben, um seinen Entspannungskurs weiter voranzutreiben, gegen den die Konservativen stets opponiert haben. Aber die Iraner und Iranerinnen schauen nach Aufhebung der Sanktionen wieder mit Zuversicht in die Zukunft, und die gute Stimmung hilft der Regierung. (Amir Loghmany aus Teheran, 23.2.2016)