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MiG-Kampfflugzeuge an Bord des indischen Flugzeugträgers Vikramaditya.

Foto: REUTERS/Dinuka Liyanawatte

China und die USA beschuldigen einander nach der Aufstellung chinesischer Boden-Luft -Raketen auf einer von China kontrollierten Xisha-Insel (Paracel), das territorial umstrittene Südchinesische Meer immer weiter zu militarisieren. Die Vorwürfe der USA nennt die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua "hektische Überreaktionen". Sie sollen demnach nur davon ablenken, dass amerikanische Kriegsschiffe und Kampfjets in dem Meer demonstrativ Patrouillen fahren, dass Manöver mit den Alliierten vorbereitet werden und das Pentagon wieder Militärbasen auf den Philippinen eröffnen lässt.

Der heftige Streit, wer Schuld an der maritimen Aufrüstung hat, ist müßig, sagt der Rüstungsexperte des Stockholmer Instituts für Friedenssicherung (Sipri), Siemon Wezeman, dem STANDARD. Umfang und Größe der im Südchinesischen Meer eingesetzten oder schon bestellten Waffensysteme nähmen auffallend zu. Das habe er bei der Arbeit an dem neuen Sipri-Bericht "Trends im internationalen Waffentransfer 2015" festgestellt, den das Institut am Montag weltweit vorstellt. Das asiatische Meeresgebiet werde neben dem Nahen Osten, der seine Waffeneinfuhren zwischen 2011 und 2015 um 61 Prozent gegenüber den fünf Jahren davor steigerte, zum neuen Konfliktherd.

14 Prozent Steigerung

Weder Wirtschafts- noch Wachstumsflauten konnten den weltweiten Waffenhandel nennenswert dämpfen. 2011 bis 2015 nahmen die Im- und Exporte im Vergleich zu den Jahren 2006 und 2010 um 14 Prozent zu. Die Verluste bei Öleinnahmen ließen zwar manche Einkäufer weniger bestellen. "Aber die Welt wurde dadurch nicht sicherer", sagt Wezeman. Bei Waffenimporten zu kürzen "hat beim Sparen nicht die höchste Priorität". Auffallend sei, dass vier asiatische Nachbarstaaten ihre militärischen Kräfte und Fähigkeiten 2011 bis 2015 bemerkbar steigerten, allen voran China, dann Indien, Vietnam und Japan.

Seit China mit seiner militärischen Modernisierung und seinem anmaßenden Vorpreschen im Süd- und Ostchinesischen Meer ein Wettrüsten in Gang gesetzt habe, drehe sich die Spirale besonders im Südchinesischen Meer immer höher. "Es wird hässlicher," sagt Wezeman. Am gefährlichsten sei, dass es zwischen möglichen Konfliktparteien keine ausreichenden Krisenmechanismen oder Absprachen gebe, um "brenzlige, sich oft zufällig ereignende Situationen wie Havarien auf See zu entschärfen, bevor sie außer Kontrolle geraten". Zu viele Parteien fühlten sich mit ihren Aktionen im Recht.

Vietnam: Plus 699 Prozent

Das im Südchinesischen Meer tief im Konflikt mit China steckende Vietnam ist eines der Beispiele im Sipri-Fokus. 2006 bis 2010 stand es auf der Liste der weltweiten Waffenimportländer erst auf Platz 43. Doch 2011 bis 2015 rückte es auf Platz acht vor. die vietnamesischen Waffeneinfuhren sind um 699 Prozent gestiegen, das höchste Wachstum unter den zehn größten Importländern.

Die Liste führen Indien, Saudi-Arabien und China an. 93 Prozent der 2011 bis 2015 von Vietnam erworbenen Waffen, darunter acht Kampfflugzeuge, vier schnelle Angriffsboote und vier U-Boote, wurden von Russland gekauft, dem angeblichen strategische Partner Chinas. Sipri schreibt, dass die von Vietnam gekauften Waffensysteme seine Kampfstärke im Südchinesischen Meer erhöhen, "wo seine territorialen Ansprüche (etwa auf die Paracel-Inseln) mit denen von China zusammenstoßen".

Philippinen kaufen Kampfjets

In der russischen Pipeline für Vietnam 2016 seien zwei weiter U-Boote und sechs Fregatten. Auch die Philippinen, noch ein direkter Kontrahent Chinas im Streit um die Spratly-Inseln (Nansha) rüsten stark auf. Laut Wezeman haben sie bisher zwei von zwölf Kampfflugzeugen von Südkorea erhalten, bis Ende des Jahres sollen die übrigen folgen.

Den Welthandel bei den Waffenexporten, den Sipri immer über Fünfjahreszeiträume vergleicht, um stabilere Trends zu erhalten, dominierten 2010 bis 2015 die USA (33 Prozent) weit vor Russland (25 Prozent), das in den vergangenen zwei Jahren stark verlor. Der Anteil Chinas, das auf Platz drei vor Frankreich und Deutschland aufrückte, ist mit 5,9 Prozent noch gering. Aber China holte verglichen mit 2006 bis 2010 stark auf, als es erst auf 3,6 Prozent Anteil kam. Frankreichs Waffenexporte fielen dagegen. Noch stärker brachen Deutschlands Waffenausfuhren von elf Prozent am Welthandel (2006 bis 2010) auf nur 4,7 Prozent Anteil in den vergangenen fünf Jahren ein und halbierten sich im Wert. Sipri nannte keine Erklärungen dafür. (Johnny Erling aus Peking, 21.2.2016)