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David Cameron bei seiner Pressekonferent am Samstag

Foto: REUTERS/Toby Melville

London – Wenige Stunden nach der Einigung auf EU-Reformen hat der britische Premierminister David Cameron ein Referendum über den Verbleib seines Landes in der Union angekündigt.

Er werde dem Parlament den 23. Juni für den Volksentscheid vorschlagen, erklärte Cameron am Samstag in London und bekräftigte, mit den auf dem EU-Gipfel erreichten Zugeständnissen seien die Voraussetzungen für den Verzicht auf den sogenannten Brexit gegeben. Aktuelle Umfragen sehen einen 15-Prozent-Vorsprung gegen einen Austritt.

Schottische Nationalisten warnten, sollten sich die Briten für eine Trennung von der EU entscheiden, werde ein neuer Anlauf für eine Abstimmung Schottlands über die Unabhängigkeit vom Königreich folgen.

Minister für Austritt

"Wir werden stärker, sicherer und besser in der reformierten Europäischen Union sein", warb der konservative Regierungschef. Er werde mit Herz und Verstand für die EU-Mitgliedschaft kämpfen. Allerdings erklärte einer seiner engsten Mitarbeiter, Justizminister Michael Gove, er werde sich für den Brexit einsetzen.

Finanzminister George Osborne und Innenministerin Theresa May wollen dagegen für einen Verbleib kämpfen. Cameron hatte es seinen Ministern freigestellt, sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen. Unklar blieb zunächst die Haltung des einflussreichen Londoner Bürgermeisters Boris Johnson. Ihm werden auch Ambitionen nachgesagt, die Nachfolge Camerons antreten zu wollen.

Knappe Abstimmung erwartet

Die Wähler sind in der Austrittsfrage gespalten. Nach Angaben des Wettbüros Ladbrokers haben sich nach der Einigung in Brüssel die Gewichte in Richtung der EU-Befürworter verschoben. Demnach besteht jetzt eine 69-prozentige Chance, dass Großbritannien nicht aus der EU austritt.

Cameron setzte unter anderem durch, das Großbritannien vom Ziel des weiteren Zusammenwachsens der EU ausgenommen wird. Zudem wurden Großbritannien Ausnahmen bei der Zahlung von Sozialleistungen an Arbeitnehmern aus anderen EU-Staaten eingeräumt. Für die britische Finanzbranche gaben die Chefs der Mitgliedsstaaten bestimmte Garantien ab.

Großbritannien trat der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1973 bei. Die Konservativen streiten sich bereits seit drei Jahrzehnten über das Verhältnis zu Europa. Auf der Insel wurde nun aufmerksam registriert, dass der Medienunternehmer Rupert Murdoch Justizminister Gove für seine ablehnende Haltung gratulierte. EU-Befürworter fürchten, dass die Blätter Murdochs eine Kampagne für einen Austritt aus der EU starten könnten.

Schotten wollen in der EU bleiben

Schottlands Erste Ministerin Nicola Sturgeon erklärte am Samstag, dass sie einen Verbleib in der EU befürworte. Laut Umfragen will dies die Mehrheit der schottischen Bevölkerung. Falls die Briten im Juni für einen Austritt stimmen, würden "Menschen in Schottland fragen, ob wir uns nicht noch einmal überlegen sollten unabhängig zu werden.

Die frühere Vorsitzende der Schottischen Nationalen Partei, Alex Salmond, kündigte an, im Falle eines Austritts Großbritanniens gehe er von einem zweiten Vorstoß für eine Unabhängigkeit Schottlands aus. 2014 war die Partei bei einer Volksabstimmung über eine Loslösung aus dem Königreich mit 55 zu 45 Prozent gescheitert. Umfragen zufolge will eine deutliche Mehrheit der fünf Millionen Schotten in der EU bleiben.

Die Engländer, die tendenziell europaskeptischer sind, stellen in dem Land mit 53 Millionen Bürgern aber die große Mehrheit. "Wenn wir entgegen unseren Willens herausgedrängt werden, weil die englische Wählerschaft viel größer ist, dann wird der Druck für ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum nicht mehr zu überwinden sein", sagte Salmond. (red, Reuters, 20.2.2016)