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Lech Wałęsa 1981.

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Warschau – Der polnische Gewerkschaftsführer, spätere Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa hat nach Erkenntnissen des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) in Warschau für den kommunistischen Geheimdienst gearbeitet.

Im Haus des im November verstorbenen Ex-Generals Czesław Jan Kiszczak sei Wałęsas Personalakt und seine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst gefunden worden, sagte IPN-Direktor Lukasz Kaminski der Agentur PAP zufolge am Donnerstag. Die Unterschrift Wałęsas sei echt.

Gericht konnte keine Spitzeltätigkeit erkennen

Wałęsa war in kommunistischer Zeit Anführer der Gewerkschaft Solidarność und von 1990 bis 1995 erster demokratisch gewählter Präsident Polens. Er bestritt die Existenz derartiger Unterlagen und sprach von einer Fälschung. Im Jahr 2000 sprach ihn ein Gericht vom Vorwurf der Spitzeltätigkeit frei.

Das IPN verwaltet die Geheimdienstunterlagen und ist auch für die juristische Aufarbeitung von Verbrechen aus nationalsozialistischer und kommunistischer Zeit zuständig. Wałęsa gilt als Kritiker der seit Oktober regierenden neuen nationalkonservativen Regierung und des Chefs der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński. Im Dezember warnte der 72-Jährige angesichts der gesellschaftlichen Spannungen vor einem Bürgerkrieg in Polen.

Dabei waren Wałęsa und Kaczynski früher enge Vertraute und politische Mitstreiter: Jaroslaw und sein Zwillingsbruder Lech, der 2010 als Staatspräsident bei einem Flugzeugunglück starb, gehörten in den Achtzigerjahren der Solidarność an, die sich gegen das kommunistische Regime stellte. Nach der demokratischen Wende schlugen sich die beiden auf die Seite des konservativen Wałęsa, als das Solidarność-Lager in einen linken und einen rechten Flügel auseinanderbrach. Wenig später gingen sie aber in scharfe Opposition zu Wałęsa.

Wałęsa weist Vorwürfe zurück

Es sei "eine handschriftliche Zusage zur Zusammenarbeit" entdeckt worden, unterschrieben mit "Lech Wałęsa" und dem Tarnnamen "Bolek", sagt Institutschef Kaminski. Außerdem lägen Quittungen über Honorarzahlungen vor.

Wałęsa, der sich derzeit im Ausland aufhält, teilte mit: "Es können keine von mir stammenden Dokumente vorliegen." Er will sich juristisch gegen die neuerlich erhobenen Vorwürfe wehren. Schon zuvor war ihm in zwei IPN-Büchern vorgeworfen worden, in den 70er-Jahren Kollegen auf der Danziger Werft für die kommunistische Geheimpolizei SB bespitzelt zu haben. Ein Sondergericht sprach Wałęsa aber vor mehr als 15 Jahren von allen Spitzelvorwürfen frei. Im Jahr 2008 warf Lech Kaczyński Wałęsa persönlich Spionage vor. (APA, 18.2.2016)