Janine Flock will sehen, was auf sie zukommt – am besten eine Medaille bei der Heim-WM.

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"Ohne Bundesheer könnte ich den Sport nicht professionell betreiben", sagt die Sportsoldatin aus Tirol.

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Janine Flock holt den EM-Titel in St. Moritz.

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Bronze mit dem Team bei der Bob- und Skeleton-WM in Igls.

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Innsbruck/Wien – Helikopter-Eltern kennen es vom Kinderspielplatz. Dieses ungute Gefühl, wenn sich der Nachwuchs mit dem Kopf voran die Rutsche hinabstürzt. Man sieht die Kleinen eben ungern mit dem Kinn über den Schotter rattern.

Janine Flock war wohl eines dieser Springinkerln, mittlerweile hat die 26-jährige Tirolerin aus dem waghalsigen Spaß ihren Beruf gemacht. Bäuchlings schmeißt sich die Skeletonfahrerin auf ihrem Schlitten in den Eiskanal und erreicht dabei Geschwindigkeiten bis zu 140 Stundenkilometern. "Die Nähe des Kopfes zum Eis und der Speed machen den Reiz aus. Rodeln hat mich nie interessiert. Ich will sehen, was auf mich zukommt." Die Suche nach dem perfekten Zug treibt die Sportlerin an: "Die Kurve muss dich ausspucken."

Anfang Februar wurde Flock recht heftig ausgespuckt, da krönte sich die Österreicherin zum zweiten Mal nach 2014 zur Europameisterin. In der Naturbahn von St. Moritz, also der Wiege des Sports, gelang ihr ein kaum für möglich gehaltener Coup. Nach einer durchwachsenen Saison mit einem einzigen Podestplatz in sechs Rennen bezwang sie die favorisierte Tina Hermann aus Deutschland. Der Vorsprung betrug nach zwei Läufen läppische acht Hundertstel. "Die Rennen sind immer sehr eng, das Feld der Sieganwärterinnen ist groß."

Bei den am Freitag anhebenden WM-Läufen in Innsbruck-Igls wird es nicht anders sein. Die ansteigende Form lädt Flock zum Träumen ein: "Natürlich will ich gewinnen, sonst bräuchte ich ja gar nicht anzutreten."

Mannschafts-Bronze und Schock

Eine WM-Medaille hat Flock bereits. Am vergangenen Sonntag eroberte sie mit dem Team der österreichischen Bob- und Skeletonfahrer Bronze im Mannschaftsbewerb. Der Jubel fiel verhalten aus. Skeletoni Matthias Guggenberger, mit dem Flock liiert ist, kollabierte im Ziel und musste in der Klinik Hochrum stationär aufgenommen werden. "Das hat mich sehr mitgenommen. Es ist wichtig, dass jetzt alles abgeklärt wird."

Guggenberger litt bereits vor den Bewerben an einer Angina und wurde mit Antibiotika behandelt, nun wollen ihn die Ärzte nicht nur sprichwörtlich auf Herz und Nieren prüfen. Flock ist indes bemüht, sich auf ihre Rennen zu konzentrieren: "Man muss voll fokussiert sein, sonst wird es gefährlich."

Flock stammt aus Rum, wuchs also einen Katzensprung entfernt von Igls auf. Mit Heimvorteil ist bei der auf vier Läufe angesetzten WM – die Entscheidung fällt am Samstag – aber nicht zu rechnen. "Alle Nationen durften hier trainieren, es gibt keine Geheimnisse." Bei den Schlitten sieht es schon anders aus. "Man weiß nie genau, was die Konkurrenz ausheckt. Die Schlitten werden vor und nach den Läufen immer schnell abgedeckt. Es ist unmöglich, sich deren Innenleben anzusehen." Budgetär seien die großen Teams wie jenes aus Deutschland im Vorteil, Flock hält mit Unterstützung ihres Sponsors Rathgeber, eines Tiroler Anlagenbauers, dagegen. "Ohne Bundesheer könnte ich den Sport aber nicht professionell betreiben."

Über mangelnde mediale Aufmerksamkeit will sich Flock nicht beschweren. "Wenn die Erfolge passen, wird viel geschrieben. Wenn es nicht so läuft, fragt keiner mehr nach. Das ist doch in fast allen Sportarten so." Nicht minder wichtig als das öffentliche Interesse ist Flock die Unterstützung durch ihre Nächsten. "Am Freitag wird halb Rum an der Bahn sein. Auch meine Mutter, sie hat mich immer zum Skeleton ermutigt." Ganz ohne Helikopter. (Philip Bauer, 19.2.2016)