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Präsident Alexander Lukaschenko kann aufatmen

Foto: REUTERS/Vasily Fedosenko

Brüssel – In einem umstrittenen Beschluss hat die EU ihre Sanktionen gegen den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko und weitere Vertreter seiner autoritär herrschenden Regierung aufgehoben. Die EU-Außenminister beschlossen am Montag, Reise- und Vermögenssperren gegen insgesamt 170 Weißrussen und drei Firmen zu beenden. Menschenrechtler in Weißrussland kritisierten die Änderung der EU-Strategie.

Die Reise- und Vermögenssperren waren bereits im Oktober nach dem relativ ruhigen Verlauf der Präsidentschaftswahl und der Freilassung politischer Gefangener in Weißrussland (Belarus) vorläufig ausgesetzt worden. Die weißrussische Regierung begrüßte die Aufhebungsentscheidung. Das Außenministerium in Minsk sprach "von einer wichtigen Etappe" bei der Normalisierung der Beziehungen zur EU.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte nun, die vollkommene Aufhebung erfolge "natürlich nicht im naiven Vertrauen darauf, dass sich Weißrussland von heute auf morgen verändert". Ähnlich äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. "Das Bild ist nicht perfekt", sagte sie mit Blick auf die Menschenrechtslage. Es gehe um "eine kritische Auseinandersetzung" mit dem Land und dessen Führung.

Menschenrechtsdialog

Steinmeier verwies darauf, dass nun die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wieder in Minsk präsent sein könne und der Menschenrechtsdialog wieder aufgenommen werde. Von deutscher Seite werde derzeit über die Arbeit von politischen Stiftungen mit Minsk verhandelt. "Das sind Anfänge, bei denen ich im Augenblick nicht sagen kann, wie weit wir kommen."

"In den Augen der Europäer ist Lukaschenko kein Diktator mehr, der so schrecklich ist wie früher", sagte Ales Beljazki von der weißrussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna der Nachrichtenagentur AFP vor dem erwarteten Beschluss. "Hier hat sich die Lage aber nicht wirklich verändert."

"Das Regime bleibt autoritär und baut ein System nach sowjetischem Vorbild auf", sagte Beljazki weiter. Tausende Aktivisten seien in den vergangenen zwei Jahrzehnten unter Lukaschenkos Herrschaft verhaftet worden, Wahlen seien gefälscht worden. "Zu hoffen, dass sich das Regime von innen heraus verändert, ist nicht realistisch."

Die EU-Minister forderten Minsk in ihrem Beschluss auf, die nach der Präsidentenwahl im Oktober erteilten Empfehlungen der OSZE bis zur Parlamentswahl im September umzusetzen. Gleichzeitig verlangten sie die Stärkung bürgerlicher Rechte und Freiheiten und ein Ende der Behinderung der Arbeit von Journalisten. Die EU verurteilte zudem, dass Weißrussland die Todesstrafe weiter vollzieht, und verlangte ein Moratorium.

Vier Weißrussen bleiben auf der EU-Sanktionsliste, die Reise- und Vermögenssperren gegen sie wurden um nochmals zwölf Monate verlängert. Ihnen wird vorgeworfen, für das Verschwinden politischer Aktivisten verantwortlich zu sein. Gleichfalls in Kraft bleibt das europäische Embargo zu Waffenlieferungen und Material, das zur Unterdrückung der Bevölkerung eingesetzt werden kann. (APA, AFP, 15.2.2016)