Wien – Beim Arbeitsmarkt kommt die Regierung auf keinen grünen Zweig. Zuerst lehnte die ÖVP die von der SPÖ geforderte Verschärfung der Entsenderichtlinie ab, daraufhin richtete ihr SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid am Montag aus, sie zeige damit, dass ihr die Arbeitnehmer völlig egal seien. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) meinte nun im Ö1-"Mittagsjournal" am Montag, dass die nationalen Spielräume bei der Entsenderichtlinie erhöht werden sollen. Eine Entsendung solle künftig maximal einen Monat lang gelten. Das sei aber schwer zu kontrollieren.

Aktuelle Zahlen des Sozialministeriums zeigen, wie viele Personen von der Entsenderichtlinie betroffen sind. Von Jänner bis November des Vorjahrs wurden 79.938 Personen aus den zehn EU-Osterweiterungsländern zum Arbeiten nach Österreich entsandt. Weitere 5.497 kamen aus Rumänien und Bulgarien, 2.789 aus Kroatien. Insgesamt namen damit 88.224 Personen aus den neueren EU-Mitgliedsländern diesen Weg des Arbeitsmarktzugangs in Anspruch. Von den EU-15 – den "westeuropäischen" Staaten – wurden 39.438 Personen nach Österreich entsandt, geht aus den Zahlen hervor. Eine Aufschlüsselung nach Branchen liegt nicht vor.

Aus dem Ausland entsandte Beschäftigte müssen nach österreichischem Kollektivvertrag bezahlt werden, die Sozialleistungen werden aber zum Teil im Ausland abgeführt. Sowohl das Unternehmen als auch der Arbeitnehmer müssen im Entsendestaat gemeldet sein, um unter die Richtlinie zu fallen. Eine zeitliche Beschränkung für die Entsendung gibt es nicht. Die meisten Ost- und Südosteuropäer, die in Österreich arbeiten, werden aber ohnehin nicht entsandt, sondern halten sich dauerhaft hier auf.

Vier Euro in Ungarn, 13 in Österreich

Eine Branche mit vielen Entsendern ist der Bau. In Ungarn etwa liegt der Stundenlohn im Handwerksgewerbe bei nicht einmal vier Euro, in Österreich bei mehr als 13 Euro, schilderte Bauinnungsmeister Alexander Pongratz kürzlich. Seiner Meinung nach wird viel getrickst: "Der Arbeiter ist für neun Stunden pro Tag gemeldet, ist aber 15 Stunden auf der Baustelle."

Die FPÖ nutzte die Debatte über eine Verschärfung der Entsenderichtlinie am Montag für den Hinweis, dass sie schon lange Verschärfungen fordere. "Rund 20-mal haben SPÖ und ÖVP im Nationalrat die freiheitlichen Anträge zum Schutz des heimischen Arbeitsmarktes und der heimischen Arbeitnehmer gegen den ungebremsten Zustrom ausländischer Arbeitskräfte abgelehnt. Durch diese Ablehnung wurde wertvolle Zeit vergeudet", erklärte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl.

Mehr als erwartet

Anfang 2014 öffnete Österreich nach Ablauf der EU-Übergangsfristen den Arbeitsmarkt für Rumänen und Bulgaren, Wifo und IHS rechneten damals mit jährlich 5.500 zusätzlichen Zuwanderern – gekommen sind aber bei weitem mehr. Im August 2015 waren 50.135 Bulgaren und Rumänen auf dem Arbeitsmarkt tätig, weitere 6.315 waren arbeitslos.

Vor zehn Jahren lebten 6.248 bulgarische Staatsbürger in Österreich, jetzt sind es 19.607. Bei den rumänischen Staatsbürgern stieg die Zahl von 17.750 auf 73.374, geht aus den Zahlen der Statistik Austria hervor. Zum Vergleich: Die Zahl der Türken blieb mit rund 110.000 stabil, bei Deutschen wuchs sie von 91.194 auf 170.475. (APA, red, 15.2.2016)