Wien – Sicher, die Abkürzung ACAB könnte auch für "Acht Cola, acht Bier" stehen. Gemeinhin geht man aber doch davon aus, dass "All cops are bastards" (Alle Kieberer sind Arschlöcher, wäre wohl eine solide Übersetzung ins Österreichische) gemeint ist, wenn man derartiges grölt. Wie es Gerhard S. bei den "Stürmischen Tagen", einem Weinfest in Wien-Floridsdorf, getan hat – während ihn drei Exekutivbeamte beim Wildpinkeln beobachteten.

Der 25-Jährige findet sich mit einer Anklage wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Richter Christian Gneist wieder. Die Erinnerung von S. ist ein klein wenig eingeschränkt. "Ich habe einiges getrunken", schildert er. "Was ist einiges?", will Gneist wissen. "Na ja, wir waren vorher schon fort, sind erst um 22 Uhr nach Stammersdorf gekommen." Wie später ausgerechnet wird, hatte G. 1,9 Promille.

Urinieren im Gebüsch

Ihn überkam jedenfalls dringender Harndrang, er absentierte sich zwecks Erleichterung in die Büsche. "Dort habe ich ACAB geschrien", gibt er zu. "Wie kommt man auf so was?" – "Weiß ich nicht mehr. Aber ich habe die Polizisten nicht gesehen", beteuert der Angeklagte.

Die Streife sah allerdings ihn und schwenkte Taschenlampen in seine Richtung. Dass er daraufhin "I siach eich, es Oaschlecha, ihr braucht's net leichten!" gerufen hat, hat die Situation nicht entschärft.

Die Beamten verlangten seinen Ausweis und zeigten ihn wegen des Urinierens an. Seine "Acht Cola, acht Bier"-Erklärung hätten die Polizisten "nicht so lustig aufgenommen", weiß S. noch. Auch, dass er im Weggehen zur Einsatzkraft "Woamer" gesagt hat.

Von hinten gepackt

Plötzlich sei er von hinten gepackt worden und dann auf dem Boden gelegen. Dorthin hatten ihn die Beamten gebracht, warum, bleibt eigentlich offen. Einige Polizisten behaupten, er habe einen von ihnen angreifen wollen. Er sagt, es sei nie eine Festnahme ausgesprochen worden, er habe sich nur befreien wollen, als er umfasst worden sei.

Beim gemeinsamen Sturz zog sich ein Beamter eine blutende Wunde am Knie zu. Da sich aber im Lauf des Verfahrens nicht wirklich klären lässt, wann S. zu Fall gebracht wurde und ob er sich wirklich gewehrt hat, wird er im Zweifel freigesprochen.

Auch im Nebensaal geht es bei Richterin Claudia Moravec-Loidolt um Floridsdorf und Alkohol. Petra A. ist 31 Jahre alt und soll nicht nur im volltrunkenen Zustand einer Frau den Arm gebrochen haben, sondern später dasselbe auch mit einer 15-Jährigen getan haben.

Streit am Würstelstand

Der erste Fall wurde schon einmal verhandelt, damals kam A. mit einer Diversion davon. Auch diesmal gesteht sie, damals an einem Würstelstand mit einer Frau in Streit geraten zu sein und ihr einen Stoß versetzt zu haben.

Da sie am 16. Juni im Wasserpark an der Alten Donau aber mit einer Kontrahentin ihrer elfjährigen Tochter in Streit geraten ist, sitzt sie wieder hier, und beide Delikte werden gemeinsam verhandelt.

Die Sache hat zwei Wochen Vorlaufzeit: Damals soll Liza W. die Tochter der Angeklagten "Hurenkind" genannt und ihr Prügel angedroht haben. Am Tattag traf A. dann auf die Schülerin.

Kein Alkoholproblem

"Haben Sie etwas getrunken?", fragt die Richterin. "Drei Bier." Moravec-Loidolt runzelt die Stirn. "Was machen wir mit Ihrem Alkoholproblem?" – "Ich habe kein Alkoholproblem." – "Aber jedes Mal, wenn Sie Alkohol trinken, gibt es ein Problem." – "Jetzt nicht mehr."

Fest steht, dass die 31-Jährige und die Schülerin einander zunächst beschimpften. Dann sei man sich im Wortsinn in die Haare geraten und gestürzt, sagt die Angeklagte. Das Opfer hatte dagegen ausgesagt, sie sei von A. zu Boden gerissen worden.

Die meisten Zeugenaussagen entlasten die Angeklagte und stützen ihre Version, die Freundinnen der Verletzten sind dagegen ziemlich widersprüchlich. Liza W. selbst erscheint nicht – wie sich herausstellt, ist sie zumindest bis zum Sommer im Rahmen eines sozialpädagogischen Projekts im Ausland.

Da auch die Staatsanwältin mit der Verlesung von W.s Aussage einverstanden ist, ergeht schließlich ein rechtskräftiger Freispruch. Damit bleibt auch die Diversion aus dem ersten Fall bestehen, obgleich die Probezeit neu zu laufen beginnt. (Michael Möseneder, 15.2.2016)