Es gibt viele Aspekte menschlichen Lebens, die auf ihre Erforschung warten. Wissenschafter der Med-Uni Graz haben Stickstoffmonoxid (NO) unter die Lupe genommen. Stickstoffmonoxid (NO) ist ein gasförmiges Radikal, das in den unterschiedlichsten Zellen des menschlichen Körpers gebildet wird. Auf Grund seiner gefäßerweiternden Wirkung ist es weltweit das erste medizinische Gas, welches als Arzneimittel zugelassen wurde.

Wissenschafter am Institut für Molekularbiologie und Biochemie der Medizinischen Universität Graz gelang es nun erstmals Sensoren zu entwickeln, welche eine Echtzeitmessung von Änderungen des zellulären NO-Spiegels ermöglichen. Die bahnbrechende Erfindung wurde jüngst im renommierten Journal Nature Communications publiziert.

NO ist ein kleines Molekül, das auf Grund seiner hohen Reaktivität nur eine sehr kurze Lebenszeit hat. Im menschlichen Körper ist das giftige Radikal beispielsweise an der Durchblutungsregulierung des Herzens und der Skelettmuskulatur beteiligt. Als Signalmolekül des Herzkreislaufsystems reguliert es vorwiegend den Blutdruck bzw. den Blutfluss, indem seine gefäßerweiternde Wirkung dazu führt, dass Blutgefäße rasch weitgestellt werden.

Innovative Messung

Auf Grund dieser Wirkung wird es unter anderem in Form von Nitroglycerin in der Behandlung von Angina pectoris oder zur Therapie der erektilen Dysfunktion eingesetzt. "Stickstoffmonoxid kann aber noch viele weitere positive wie negative biologische Effekte auslösen", ergänzen Roland Malli und Emrah Eroglu vom Institut für Molekularbiologie und Biochemie der Med Uni Graz.

So hilft es unter anderem auch unserem Nervensystem beim Lernen oder reagiert als wirksame Waffe unseres Immunsystems im Kampf gegen bakterielle Krankheitserreger. "Als giftiges Gas steht NO jedoch auch im Verdacht, dem Körper Schaden zufügen zu können, beispielsweise im Zusammenhang mit der Antibiotikaresistenz einiger Krankheitserreger", fügen die Forscher der Medizinischen Universität Graz hinzu.

Diese möglichen negativen Auswirkungen beschäftigen die Forschung aktuell zunehmend, wodurch die Grazer Entwicklung von Sensoren zur Messung des zellulären NO-Spiegels sofort großes internationales Interesse erzeugt hat.

Was bisher war

Mit den aktuell in Verwendung stehenden Messwerkzeugen können die vielen biologischen Effekte von NO in den Körperzellen nahezu nicht dargestellt werden. "Zur weiteren Erforschung der vielfältigen Wirkungen von NO ist es unbedingt notwendig, das flüchtige Molekül in den lebenden Zellen aufspüren zu können, um so Fragen über die Entstehung, Ausbreitung, Wirkung und Verstoffwechselung dieses kurzlebigen freien Radikals beantworten zu können", erklären die Erfinder der neuen NO-Biosensoren.

Die bis dato im Einsatz befindlichen Möglichkeiten sind zu invasiv und langsam, um auf NO-Veränderungen rasch reagieren zu können. Die Forschergruppe vom Institut für Molekularbiologie und Biochemie der Med-Uni Graz hat nun neuartige und vielfärbige NO-Sensoren entwickelt, die nach dem Prinzip der Fluoreszensauslöschung funktionieren. Die geNOps genannten Sensoren – genetically encoded NO probes – ermöglichen erstmals eine Echtzeitmessung von Änderungen zellulärer NO-Spiegel.

Aussage durch Leuchtkraft

geNOps sind wie natürlich vorkommende genetisch kodierte Eiweißmoleküle aus Aminosäuren aufgebaut und können von den Zellen selbst innerhalb einiger Stunden durch das Prinzip der Proteinbiosynthese eigenständig hergestellt werden. "geNOps binden das NO-Molekül hoch spezifisch und verändern dabei schlagartig ihre Leuchtkraft", gibt Emrah Eroglu, Erstautor der aktuellen Publikation, einen Einblick.

Damit ist es nun erstmals möglich, an Fluoreszenzmikroskopen Konzentrationsveränderungen des vielseitigen NO-Signalmoleküls in einzelnen Zellen, ja sogar innerhalb der Zellorganellen genau zu verfolgen. Die neu entwickelten verschiedenfärbigen NO-Fluoreszenzsensoren werden von den WissenschafterInnen an der Med Uni Graz bereits erfolgreich eingesetzt, um in den verschiedensten Zellen Veränderungen des NO-Spiegels und deren Auswirkungen auf Zellfunktionen zu untersuchen.

Die neue Technologie wurde bereits zum Patent angemeldet und soll in weiterer Folge im Rahmen eines Spin-off-Unternehmens der Med Uni Graz weiter entwickelt und weltweit zur Verfügung gestellt werden. (red, 15.2.2016)