Ein Star mit dem unaussprechlichen Namen Baird Whitlock wird von obskuren Entführern gekidnappt: George Clooney darf in der neuen Hollywood-Studio-Komödie der Coen-Brüder einen Beau mit beschränkten Geistesgaben geben. "Hail, Caesar!" ist eine kunterbunte Nummernrevue.

Foto: Universal

Trailer (deutsch)

Universal Pictures Germany

Trailer (englisch)

Universal Pictures

Der Schein ist nicht einfach Hollywoods Geschäft, sondern seine eigentliche Natur. Im Amerikanischen sagt man für Scheinwelt "make-believe world". In dem Begriff steckt bereits der wichtige Hinweis darauf, dass man an die Fantasieprodukte, an all die Lügen und Fiktionen aus den Studiowelten auch immer glauben muss, um sie für echt zu nehmen. Was sich dahinter tut, die Arbeit, das Kalkül und die Intrigen, das darf man nicht sehen.

Und was hat das nun mit Hail, Caesar!, der neuen Komödie der Brüder Joel und Ethan Coen, zu tun? Gar nicht so wenig. Denn einerseits ist dies ein Film über Tinseltown in den 1950er-Jahren, der Hochzeit der Traumfabrik, kurz bevor das Studiosystem zu zerbröseln begann. Zum anderen geht es bei den beiden New Yorker Autoren aber auch um eine größere Idee: um den höheren Glauben, und zwar jenen an Gott und an das Geschäft.

Protagonist Eddie Mannix (Josh Brolin), Katholik und Problemlöser für alle Härtefälle im Filmgeschäft, muss für beides eine gute Portion Leidensbereitschaft beweisen. Er ist ein harter Knochen, der oft zur Beichte geht. Für jeden Fall, den er für den einen Glauben trickreich schlichtet, begeht er in seinem anderen eine Sünde.

Die Coens waren schon einmal mit Hollywood befasst, 1991 in der galligen Komödie Barton Fink. Damals musste John Turturro als Autor mit Schreibblockade in einem Hotelzimmer das ganze Drama mit sich selbst ausfechten. Für Hail, Caesar! haben die Coens den umgekehrten Weg gewählt. Der Film ist wie eine Nummernrevue gebaut, die den Brüdern alle Möglichkeiten gibt, ihren exquisiten Witz mit üppigen Hommagen an Genrefilme zu verquicken. Für Eddie Mannix gibt es einfach zu viele Probleme auf einmal zu lösen. Diese Lust an der Unterhaltung macht den Film zum idealen Eröffnungsfilm der Berlinale.

Ein gewisser Marcuse

Der Titel Hail, Caesar! verweist auf den an Ben Hur angelehnten Historienschinken, an dessen Fertigstellung im Film gerade gearbeitet wird. Dessen Star Baird Whitlock wird eines Tages mitsamt seinem Caesarenkilt gekidnappt. George Clooney spielt ihn als liebenswerten Dodel, der sein Gesicht zu immer wieder neuen Grimassen der Verblüffung verzieht. Seine Entführer, unter ihnen ein gewisser Professor Marcuse, findet er durchaus interessant.

Die Coens sind brillante Autoren, dabei ist nicht jeder Gag so doppelbödig wie diese subtil verschleppte Rahmenhandlung, die auf die antikommunistische Hetze jener Jahre Bezug nimmt. Man kann den ganzen Film als einziges Portfolio an Witzen betrachten: sei es eine an Esther Williams modellierte Scarlett Johansson, die als Meerjungfrau nur so lange bezaubert, bis sie den Mund aufmacht; sei es der Western-Darsteller Hobie Doyle (Alden Ehrenreich), der auf dem Sattel Salti vollbringt, aber in einem Melo seine eigene Zunge verschluckt. Channing Tatum stellt wiederum in einer furiosen Matrosen-Tanznummer seine Qualitäten als Gene Kelly unter Beweis. Produktionsdesign und Kamera von Roger Deakins erweisen der Rekonstruktion des alten Glamours makellose Dienste.

Dass der Film in der Reihung all dieser Episoden mitunter wie eine Perlenkette wirkt, spielt keine Rolle. Denn in all den Nischen gibt es einfach zu viel zu lachen, wie etwa in jener Szene, in der vier Vertreter religiöser Glaubensrichtungen über die Darstellung Gottes im Kino keinen Konsens finden. Die Coen-Brüder, denen man gerne nachsagt, sie würden mit zu deutlicher Häme auf ihre Figuren blicken, beweisen, dass sie für die kreativen Energien des alten Hollywood durchaus Bewunderung hegen. Was ihnen fehlt, bezeichnet jenes Wort, das dann auch Caesar in einer Schlüsselszene partout nicht einfallen will: der Glaube. (Dominik Kamalzadeh, 12.2.2016)