Zwei von 180 Patienten, die einer Restaurierung bedürfen: 3690 Euro (exkl. MwSt.) sind die für das Selbstporträt von Josef Dobrowsky und ....


Foto: Leopold-Museum

.... Cecil van Haanens "Rothaarige" veranschlagten Behandlungskosten. Eine demokratische Kalkulation – ungeachtet etwaiger kunsthistorischer Relevanz.

Foto: Leopold-Museum

Wien – Das Leopold-Museum braucht Freunde und Sponsoren. In gleichnamiger Mission ist Elisabeth Leopold, bewaffnet mit dem zugehörigem Projektportfolio, seit einiger Zeit auf Tour. Die Situation sei prekär, das Museum finanziell unterdotiert und der Bestand gefährdet. Zu den offerierten Kooperationen gehörte die Förderung bevorstehender Ausstellungen (je € 130.000) oder die mit 15.000 Euro veranschlagte Restaurierung dreier Gemälde Richard Gerstls. Andernfalls könnte dieses Trio womöglich nicht als Leihgabe für die im Frühjahr 2017 in der Schirn-Kunsthalle anberaumte Gerstl-Retrospektive nach Frankfurt reisen. Eine Frage des Budgets, wie so oft.

Aus der latenten finanziellen Not kreierte Hans-Peter Wipplinger zum Einstand nun eine Tugend. Das mit Chefkurator Franz Smola ertüftelte Konzept bittet rund 180 Exponate vor den Vorhang; solche, die sonst hauptsächlich im Depot ihr Dasein fristen – aus konservatorischen Gründen, wird man nicht müde zu betonen, wiewohl sich bei manchem der zu restaurierenden Patienten auch die Frage nach der kunsthistorischen Relevanz stellen sollte.

Verborgene Schätze heißt die Schau (bis 22. 2.), für die man im Untergeschoß Gemälde, Arbeiten auf Papier, kunstgewerbliche Objekte und Mobiliar versammelt hat. Die Kapazunder unter den Behandlungsbedürftigen, etwa Gustav Klimts Tod und Leben oder Egon Schieles Haus mit Schindeldach, lassen sich weiterhin in der Permanentschau bewundern. Der gemeinsame Nenner: Sie suchen Paten, die die Kosten für "Restaurierungsmaßnahmen" übernehmen, entweder komplett oder in 50- bis 150-Euro-Bausteinen.

Appell an das Mäzenatentum

Die Präsentation, betont das Direktorenduo, sei als Appell an das bürgerliche Mäzenatentum zu verstehen. Monetäres Engagement böte die Möglichkeit, all diese Kunstwerke "der Öffentlichkeit wieder dauerhaft zugänglich zu machen". In der Mehrheit der Fälle ist dieser Wunsch nachvollziehbar, etwa beim Porträt einer Nubierin von Leopold Carl Müller, das, von der vergilbten Firnisschicht befreit, die malerische Raffinesse offenbaren würde. Die für Firnisabnahme, Kittung, Retusche und neuerliches Firnissen veranschlagten Kosten liegen bei 3680 Euro – exklusive Mehrwertsteuer wohlgemerkt.

Der gleiche Peis ist für eine Landschaft von Carl Schuch veranschlagt, die zusätzlich einer 2540 Euro teuren Verglasung und Rahmung bedarf. Insgesamt 6620 Euro für ein Bild, dessen kunsthistorischer Wert sich im Vergleich zu anderen Schuch-Werken kaum erschließt. Ein Eindruck, der einen auch bei einigen der 21 Gemälde Cecil van Haanens beschleicht. Es ist keine Van-Haanen-Retrospektive geplant, obwohl Gabriele Röder (LM-Freundeverein) hierzu Grundlagenforschung betrieb.

Die Kosten für Van-Haanen-Patenschaften liegen jedenfalls teils deutlich über dem Marktwert. 2580 Euro für eine 20,4 mal 15,8 cm messende Stadtansicht sind vergleichsweise absurd und fern jedweder Realität. Außerhalb des Museums würde Restauratoren ein solcher Kostenvoranschlag um die Ohren gehauen.

Zum Vergleich: für das Egger-Lienz-Großformat Pietá (173×231 cm), dessen Oberflächenreinigung komplizierter ist, das weiters eine Festigung der Malschicht sowie Kittung und Retusche benötigt, wurden lediglich 1150 Euro kalkuliert. Es geht nicht um Quadratzentimeterpreise, sondern um Verhältnismäßigkeit. Denn aus kunsthistorischer Sicht ist nicht alles erhaltenswert oder fällt in die Kategorie Luxus, die Privatsammlern überlassen bleibt.

Auf Standard-Anfrage war zu erfahren, dass die individuelle Kalkulation auch Kosten für Transport und Versicherung inkludiert. Denn beauftragt werden hauptsächlich externe Restauratoren, nicht die auf Papierarbeiten spezialisierten museumseigenen. Insgesamt würde sich die Therapie für alle Patenkinder auf 400.000 Euro summieren, eine Vorgabe, die ohne Großspender schwer realisierbar ist. (Olga Kronsteiner, 9.2.2016)