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Starbucks zählt schon seit Jahren zu den Konzernen, deren Steuergestaltung von NGOs angeprangert wird. Brüssel wehrt sich zusehends gegen die Steuervermeidung der Multis.

Foto: Reuters / Luke MacGregor

Wien – Keine zwei Wochen ist es her, dass die EU-Kommission ein umfangreiches Paket gegen Steuerflucht vorgelegt hat. Nun steht der nächste Schritt kurz bevor. Konzerne sollen künftig verpflichtet werden, ihre Gewinne und Steuern in jedem Mitgliedsstaat der Union zu veröffentlichen. Ein entsprechender Bericht des "Guardian" wurde am Montag von einer Sprecherin der EU-Kommission zumindest von der Tendenz her bestätigt. Aktuell würden die Auswirkungen einer derartigen Maßnahmen geprüft, teilte Brüssel mit.

Derzeit gibt es mehrere Möglichkeiten, Gewinne in Staaten zu verschieben, in denen niedrige Steuern abgeführt werden. Über konzerninterne Kredite, Lizenzgebühren oder Verrechnung von Vorleistungen kann das Geschäftsergebnis gestaltet werden, sodass möglichst wenig Gewinn in Hochsteuerländern anfällt. Dazu kommt die im Rahmen von Luxleaks aufgeflogene Praxis, Konzernen über sogenannte Rulings besondere Steuervergünstigungen zu gewähren. Nach Luxemburg wurden ähnliche Methoden in Belgien und den Niederlanden aufgespürt. Die Veröffentlichung der Steuerbelastung in jedem Land würde somit den Druck sowohl auf die Konzerne als auch auf die Behörden erhöhen, "angemessene" Abgaben einzuheben.

Umweg über Beihilferecht

Politisch besonders heikel an der Thematik ist der Umstand, dass bisher besonders US-Konzerne wegen aggressiver Steuergestaltung im Rampenlicht standen. Starbucks, Google, Apple oder Amazon zählen zu jenen Unternehmen, deren Steuerbelastung als besonders niedrig gilt. Ein hoher Vertreter des US-Finanzministeriums hat erst kürzlich seiner Besorgnis wegen zunehmender Steuerverfahren gegen amerikanische Konzerne in der EU Ausdruck verliehen.

Allerdings waren europäische Konzerne wie Ikea oder Fiat genauso Gegenstand der Luxleaks-Enthüllungen. Viele der Unternehmen sahen sich in weiterer Folge mit Verfahren konfrontiert. Dabei musste und muss die EU-Kommission den Umweg über das Beihilferecht beschreiten, weil sie über keine Kompetenzen im Finanzstrafrecht verfügt.

Mit dem neuen Vorschlag zum "Country-by-Country-Reporting" würden die bisher von Brüssel gesetzten Maßnahmen abgerundet:

  • Steuervorbescheide: Gewährt ein Land einem Unternehmen Vergünstigungen, muss es andere potenziell betroffene Staaten darüber in Kenntnis setzen und gegebenenfalls zusätzliche Fragen beantworten. Diese Bestimmung wurde bereits beschlossen und soll bis spätestens 2018 über die Einführung einer zentralen Datenbank umgesetzt werden.

  • Zinsschranke: Mit einem Richtlinienvorschlag von Ende Jänner soll die Abzugsfähigkeit von konzernintern bezahlten Zinsen begrenzt werden. Die EU-Kommission orientiert sich damit an einer Empfehlung der OECD und schlägt – in der Regel – eine Obergrenze der Zinszahlungen im Verhältnis des Bruttobetriebsgewinns von 30 Prozent vor.

  • Exit-Tax: Um die Verlagerung in Niedrigsteuerländer zu verhindern, soll eine Wegzugsteuer eingeführt werden. Dabei würden die Marktwerte der vom Abzug betroffenen Betriebsteile einer Besteuerung unterworfen.

  • Switch-over-Klausel: Ausländische Einkünfte werden am Wohnsitz oft von der Steuer freigestellt, was zu negativen Anreizen führen kann. Die Switch-over-Klausel besagt, dass die Einnahmen in einem EU-Staat besteuert werden und im Gegenzug eine Gutschrift für im Ausland geleistete Abgabenzahlungen ausgestellt wird. Als Schwellenwert gilt ein Körperschaftsteuersatz von 40 Prozent des Tarifs im Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen.

  • Missbrauch: Generell will die EU-Kommission eine Missbrauchsklausel einführen. Konkret sollen "unangemessene Gestaltungen", die nicht aus triftigen wirtschaftlichen Überlegungen vorgenommen wurden, ausgehebelt werden. Auch dieser Punkt befindet sich im Entwurfsstadium. (as, 9.2.2016)