Berlin – Die Notenbankchefs von Frankreich und Deutschland fordern eine umfassende Reform der Eurozone. Francois Villeroy de Galhau und Jens Weidmann plädieren in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Montagausgabe) dafür, dass die Euroländer in erheblichem Maße Souveränität und Befugnisse auf die europäische Ebene übertragen.

"Eine stärkere Integration scheint der naheliegende Weg zu sein, um das Vertrauen in den Euroraum wiederherzustellen." Dazu fordern sie unter anderem die Schaffung eines gemeinsamen Finanzministeriums für die Währungsgemeinschaft, den Aufbau einer effizienten und weniger zersplitterten europäischen Verwaltung sowie die Bildung eines stärkeren politischen Gremiums, das politische Entscheidungen trifft und der parlamentarischen Kontrolle unterliegt.

Europa am Scheideweg

"Diese neuen Institutionen könnten dafür sorgen, das Gleichgewicht zwischen Haftung und Kontrolle wiederherzustellen", schreiben Weidmann und Villeroy de Galhau. Für mehr Wohlstand seien drei Säulen entscheidend: "entschlossene Programme für Strukturreformen auf nationaler Ebene, eine ambitionierte Finanzierungs- und Investitionsunion sowie ein verbesserter wirtschaftspolitischer Ordnungsrahmen im Euroraum". Angesichts der Verschlechterung der öffentlichen Finanzen und wirtschaftlichen Ungleichgewichte stehe Europa an einem Scheideweg.

Sollten die Regierungen im Euroraum vor einer umfassenden Union zurückschrecken, bliebe nur noch ein gangbarer Weg übrig: "ein dezentraler Ansatz auf der Grundlage von Eigenverantwortung mit strengeren Regeln". Dabei müssten die Fiskalregeln gehärtet werden. Weidmann und Villeroy de Galhau zufolge sollten mit mehr Eigenverantwortung auch Risiken von allen Beteiligten angemessen berücksichtigt werden – "und zwar auch die mit Forderungen an Staaten verbundenen Risiken."

So müssten Banken weniger anfällig werden, sollten einzelne Länder in Schieflage geraten. Würde man diesen Weg beschreiten könnten den beiden Notenbankchefs zufolge die Euroländer ihre nationale Souveränität behalten – "bei entsprechend geringerer Solidarität" (APA, 8.2.2016)