Kim Jong-un hatte es eilig. Noch in der vergangenen Woche schienen China und die USA zusammenzurücken, die Präsidenten Xi und Obama warnten das Regime im Einklang vor "provokanten Aktionen". Doch Kim instruierte seine Raketenmonteure zu noch eifrigerer Arbeit. Zweimal wurde der Start vorverschoben, nun plant Pjöngjang womöglich einen weiteren Atomtest.

Doch die "strikte internationale Antwort", von der vor wenigen Tagen noch die Rede war, ließ auf sich warten. Peking drückte zwar "Bedauern" über den Raketentest aus. Doch wenn es darum geht, den Worten Taten folgen zu lassen, ist Chinas Handlungsspielraum beschränkt, weil die strategischen Voraussetzungen sich nicht verändert haben.

Sanktionen, die wirklich die Stabilität der Regierung gefährden, kann China nicht wollen. Denn ein Kollaps des Regimes würde die Grenzregion destabilisieren und den US-Einfluss ausweiten. Kritisiert man Pjöngjang zu hart, legitimiert man zudem Pläne der USA, Südkorea mit einem Raketenschutzschirm auszustatten, den China ablehnt. Zerschlägt Peking stattdessen rhetorisch zu viel Porzellan, schwindet der verbleibende Einfluss auf Nordkorea.

Das alles weiß auch Kim. Es ist daher gut möglich, dass er weiter auch atomar provoziert – bis Peking und Washington bereit sind, doch den Friedensvertrag zu unterstützten, den der Norden will. Damit jedenfalls soll ein Gesandter in Peking vor wenigen Tagen offen gedroht haben. (Manuel Escher, 7.2.2016)