Es ist immer dasselbe: In schwierigen Zeiten kuscheln sich Österreichs Politiker gern an die Mächtigen dieser Welt, versprechen das Blaue vom Himmel, sonnen sich in internationaler Beachtung – und wenn es an die Einlösung der Versprechen ginge, werden sie kleinlaut.

Dafür sind sie im Drohen und Tonverschärfen ganz groß: Bundeskanzler Werner Faymann will Flüchtlinge, wie er zuletzt seinen Lieblingsboulevardmedien mitteilte, alle zurück in die Türkei schicken. Außenminister Sebastian Kurz stellt in den Raum, Ländern, die keine Flüchtlinge aus Österreich zurücknehmen, die EU-Nachbarschaftshilfen zu streichen. Der neue Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil will den Balkan mit österreichischen Soldaten beglücken, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kann gar nicht genug Zäune an der Grenze bekommen, und so weiter und so fort.

Gleichzeitig führen Österreichs Politiker große Worte: "Hilfe vor Ort" ist ein gern bemühter Stehsatz. Wie diese aussieht, war zuletzt bei der Syrien-Geberkonferenz in London gut zu beobachten. Ursprünglich hat Österreich schon im Vorjahr 60 Millionen Euro versprochen. Dann stellt sich heraus: Ein Großteil der Mittel fließt nicht sofort, sondern erst irgendwann, bis 2019. Während andere Staaten weitere Ad-hoc-Mittel zusagten, denkt Österreich nicht daran aufzustocken.

Faymann spricht zwar von "zusätzlich 40 Millionen Euro im Rahmen der EU-Hilfe" – dabei handelt es sich aber um den österreichischen Anteil von im EU-Budget vorgesehenen Hilfszahlungen, die nicht im Zusammenhang mit der Geberkonferenz standen. Kritik konterte Faymann mit der Bemerkung, dass Österreich, gemessen an der Kleinheit des Landes, ohnehin schon überdurchschnittliche Solidarität in der Flüchtlingsfrage gezeigt habe.

Fragt sich nur, mit wem: Um Solidarität mit den Hungernden in Aleppo und Madaya kann es sich schwerlich handeln. Während andere Staaten, etwa Schweden oder Deutschland, heuer bereits hunderte Millionen Dollar an das World Food Programme der UN gezahlt haben, liegt der Beitrag Österreichs bei null. Insofern muss man dem grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz beipflichten: Das Gerede von der so notwendigen Hilfe vor Ort ist offenbar nur "leeres Geschwätz" der Regierung. Ähnlich schlawinerhaft verhält sie sich beim Thema Entwicklungszusammenarbeit. Im Frühjahr 2015, als die Hilferufe der Mittelmeer-Anrainerstaaten angesichts des Flüchtlingszustroms immer dringlicher wurden, tönte es aus Österreich vollmundig, man werde selbstverständlich die Entwicklungshilfemittel aufstocken.

Dann wurde innenpolitisch gestritten, es folgte ein "Stufenplan bis zum Sommer" – mit dem Endergebnis, dass man immer noch meilenweit von den angepeilten 0,7 Prozent des BIP entfernt ist. In Erinnerung ist noch das unschöne Nebengeräusch, das Vizekanzler Reinhold Mitterlehner erzeugte, als er meinte, man solle die privaten Spenden der Österreicher einfach in die EZA-Bilanz mit hineinnehmen. Und obendrein werden dann noch zugunsten hoffentlich guter Geschäfte die Sanktionen gegen Russland kritisiert, die man in Brüssel selbst mit beschlossen hat.

Dieses situationselastische Verhalten der Österreicher bleibt nicht unbemerkt. So sorgten die Obergrenzendebatte und Faymanns Umfaller für Irritation in Berlin. Und der slowenische Außenminister zeigte sich ob Kurz' Drohungen konsterniert. All das macht Österreich in der EU zum Partner mit beschränkter Haftung.

(Petra Stuiber, 8.2.2016)