Kabul will mit den Taliban verhandeln, die Nato soll helfen.

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Kabul/Dubai – Der Zeitplan ist optimistisch: Bereits Ende Februar sollen direkte Friedensgespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban beginnen, um nach 15 Jahren den Krieg am Hindukusch zu beenden. Das erklärten Vertreter von Afghanistan, Pakistan, China und den USA nach ihrem dritten Treffen am Wochenende in Islamabad. Die sogenannte "Friedensallianz für Afghanistan" rief zugleich "alle Taliban-Gruppen" auf, sich an den Gesprächen zu beteiligen.

Der "Friedensfahrplan" hat allerdings noch einen gehörigen Schönheitsfehler: Die Taliban waren bei dem Treffen nicht dabei. Es ist unklar, ob sie zu Gesprächen bereit sind. "Wir glauben an Dialog", zitiert die Agentur Reuters einen führenden Taliban, "aber wir haben kein Vertrauen in die USA und ihre afghanische Marionettenregierung."

Vormarsch der Taliban

Die Militanten sehen sich auf der Siegerstraße, seit die Nato Ende 2014 die meisten ihrer Soldaten aus Afghanistan abgezogen hatte. Immer mehr Regionen fallen in die Hände der Aufständischen. Derzeit sind sie vor allem im Bezirk Sangin in der Provinz Helmand auf dem Vormarsch.

Kabul vermutet den Schlüssel zum Frieden in Islamabad: Die afghanische Regierung hofft, dass Pakistan die Macht hat, zumindest die wichtigsten Taliban-Führer an den Verhandlungstisch zu zwingen. Seit dem Sturz der Taliban Ende 2001 gewährt Pakistan ihrer alten Führungsriege Zuflucht und übt maßgeblichen Einfluss auf die "Gäste" aus. Dieser ist allerdings beträchtlich geschwunden, seit sich die Taliban gespalten haben.

Streit nach Tod Omars

Nachdem 2015 bekannt wurde, dass Taliban-Führer Mullah Omar schon seit Jahren tot ist, sind die Militanten zerstritten. Seitdem liegen auch Friedensgespräche auf Eis. Der bisherige Omar-Vize Mullah Akhtar Mansur setzte sich an die Spitze und führt nun die größte Fraktion. Einige Gruppen haben sich allerdings von ihm losgesagt, weil er ihnen als "Marionette Pakistans" gilt. Andere Militante sind zum IS-Ableger in Afghanistan übergelaufen.

Afghanistans Präsident Ashraf Ghani setzt nun auf eine Strategie aus Zuckerbrot und Peitsche, um die Taliban zu befrieden: Einerseits drängt er Islamabad, mit Militärgewalt gegen gesprächsunwillige Gruppen vorzugehen. Andererseits stellt er gesprächswilligen Taliban eine Beteiligung an der Macht im Rahmen einer politischen Lösung in Aussicht.

Ein weiteres Treffen der Vier-Länder-Gruppe ist für den 23. Februar geplant. Dann soll auch das konkrete Datum für die erste Gesprächsrunde mit den Taliban mitgeteilt werden. Angesichts der sich rasant verschlechternden Sicherheitslage warnte Ghani bereits im Jänner, dass die Zeit dränge. "Februar und März sind entscheidend", sagte er in einem BBC-Interview. (Christine Möllhoff, 8.2.2016)