Auch am Sonntag war die Lawinengefahr erheblich.

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Innsbruck – Bei den 18 Lawinenabgängen am Samstag in Tirol sind in elf Fällen insgesamt 24 Wintersportler verschüttet oder teilverschüttet worden. Das größte Unglück ereignete sich in der Wattentaler Lizum, dabei wurden fünf tschechische Freerider getötet und zwei verletzt. Bei weiteren Schneebrettlawinen zogen sich fünf Skifahrer Verletzungen unterschiedlicher Schwere zu. Die Skitourengeher lagen zwischen 1,20 Meter und drei Meter unter den Schneemassen.

Die Identität der fünf getöteten Freerider würden im Laufe des Tages, wahrscheinlich aber erst am Abend, bekannt gegeben. Der Alpinpolizist sprach von fünf getöteten Männern, auf der am Samstag kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Innsbruck hatte der Einsatzstab mitgeteilt, unter den Verunglückten seien Männer und Frauen.

Zwei verletzte Skifahrer sollen laut der tschechischen Nachrichtenagentur CTK unterdessen die Klinik bereits wieder verlassen haben. Die weiteren zehn unverletzten Mitglieder der Tourengruppe sollen sich noch in Tirol aufhalten und werden vom Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes betreut. Am Vormittag wurde auch der tschechische Botschafter und weitere Mitarbeiter des tschechischen Konsulats in Wattens erwartet.

Gefahr weiter erheblich

Stürmischer Wind, beginnender Niederschlag und die warmen Temperaturen am Samstag haben die Situation für Tourengeher in Vorarlberg und Tirol auch am Sonntag nicht verbessert. Nach wie vor herrschte in beiden Bundesländern in höheren Lagen verbreitet erhebliche Lawinengefahr, das entspricht der Stufe "3" der fünfteiligen Skala. Die Hauptgefahr geht laut Experten vom Triebschnee aus.

Ein Großteil der Lawinenopfer hatte die Warnungen des Lawinenwarndienstes am Samstag allerdings ignoriert und war im freien Skiraum in Regionen unterwegs, die von den Experten als besondere Gefahrenstellen ausgewiesen worden waren. So auch die 17 Skifahrer aus Tschechien, die in der Wattentaler Lizum auf dem Truppenübungsgelände des österreichischen Bundesheeres von einer großen Lawine erfasst worden waren. Es war laut Experten das größte Lawinenunglück in Tirol seit 2009.

Nach ersten Angaben sollen die beiden Skitourengruppen von drei Lawinen erfasst worden sein. Die Lawinenkegel waren mehrere 100 Meter breit und etwa fünf Meter hoch. Wie die Lawinen ausgelöst wurden, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.

Hüttenwirt hatte Sportler gewarnt

Nach Angaben der Exekutive waren die tschechischen Teilnehmer eines "Freeride-Camps" in zwei Gruppen mit zwölf bzw. fünf Mitgliedern gerade im steilen Gelände auf dem Weg von der Lizumer Hütte auf den 2.857 Meter hohen Geier in den Tuxer Alpen unterwegs, als es zu dem Lawinenabgang kam. Das Schneebrett riss alle 17 Wintersportler mit sich, einige wurden komplett, andere nur zum Teil verschüttet. Wie tief sie unter den Schneemassen zu Liegen kamen, konnte die Polizei zunächst nicht sagen.

Eine Gruppe hatte vor der Tour auf den Geier in der Lizumer Hütte übernachtet, die andere stieß ein wenig später hinzu. Der Hüttenwirt habe die tschechischen Wintersportler mehrfach auf die Gefährlichkeit der Tour hingewiesen und davon abgeraten, sagte Martin Waldhart von der Bergrettung Wattens. Er sprach von einer "absoluten Risikozone", in der sich die Tschechen bewegt hätten.

Verletzter im Skigebiet Kühtai

Am Samstag löste im Skigebiet Kühtai zudem ein 25-jähriger Tiroler Snowboarder beim Queren eines steilen Hanges eine Schneebrettlawine aus, wurde von dieser mitgerissen und etwa eineinhalb Meter unter den Schneemassen begraben. Der 25-Jährige hatte keine Notfallausrüstung dabei, konnte aber von zwei Augenzeugen rasch geortet und ausgegraben werden. Er wurde verletzt mit dem Notarzthubschrauber in das Landeskrankenhaus Hall geflogen.

Glimpflich kamen ein 42-jähriger Norweger und ein noch unbekannter Skitourengeher in Obergurgl (Bezirk Imst) davon. Beide wurden nur bis zur Hüfte von einer Lawine verschüttet, konnten sich selbst befreien und blieben unverletzt. Der Norweger war Teil einer vierköpfigen Skifahrergruppe, die gegen 11.00 Uhr oberhalb des Festkogel Restaurants abseits der Piste unterwegs waren und dabei ein Schneebrett auslösten. Den anderen Wintersportler hatte gegen 10.30 Uhr eine Lawine beim Eiskögele überrascht.

Lawine ausgelöst

In St. Leonhard im Pitzal (Bezirk Imst) lösten zwei deutsche Snowboarder, ein 21-jähriger Mann und seine 16-jährige Begleiterin, in der Nähe der Bergstation Grubenkopf eine Lawine aus und wurden von den Schneemassen mitgerissen. Während die 16-Jährige etwa 70 Zentimeter unter der Lawine zum Liegen kam, blieb der 21-Jährige an der Oberfläche. Ein Lawinensuchhund konnte die Jugendliche orten. Sie wurde verletzt geborgen, war Polizeiangaben zufolge aber ansprechbar. Die Verletzte wurde mit dem Rettungshelikopter in das Krankenhaus Zams geflogen. Die beiden Snowboarder waren Teil einer sechsköpfigen Gruppe, die bereits vorausgefahren war.

Im Weertal (Bezirk Schwaz) wurde eine 27-jährige Münchnerin, die gemeinsam mit vier weiteren Personen unter der Leitung eines 35-jährigen deutschen Bergführers einen Lawinen-Aufbaukurs absolvierte, kurz unterhalb des Gipfels des Hobarjochs auf etwa 2.500 Metern Seehöhe von einer Lawine erfasst und komplett verschüttet. Die Frau, die eine Notfallausrüstung dabei hatte, konnte rasch von ihren Kameraden lokalisiert und ausgegraben werden. Sie wurde verletzt, es bestand laut Polizei aber keine Lebensgefahr.

Sieben Suchaktionen

Ebenfalls verletzt wurde ein 51-jähriger deutscher Skifahrer im Skigebiet Sölden (Bezirk Imst) durch eine Lawine. Beim Einfahren in einen Steilhang im Bereich des Gaislachkogels löste er eine Schneelawine aus und wurde mitgerissen. Der 51-Jährige konnte seinen Lawinenairbag auslösen und bleibe an der Schneeoberfläche. Eine nachkommende Skifahrergruppe leistete bis zum Eintreffen des Notarzthubschraubers Erste Hilfe. Der Verletzte wurde in das Bezirkskrankenhaus Zams geflogen.

Im Einsatz standen zahlreiche Rettungskräfte auch in vielen anderen Fällen. Laut Polizei wurden im Laufe des Samstags zahlreiche Lawinenabgänge gemeldet, wobei nicht klar war, ob sich unter den Schneemengen Personen befinden. Bei sieben zum Teil aufwendige Suchaktionen konnte keine Personenbeteiligung festgestellt werden. (APA, 7.2.2016)