Grenoble – Wegen tödlicher Schüsse auf ihren gewalttätigen Ehemann ist eine 60-jährige Französin zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Ein Gericht in Grenoble im Südosten Frankreichs sprach die Frau, die wegen Mordes angeklagt war, am Freitag der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig.

Nach Einschätzung der Richter hat die Frau, die 40 Jahre lang von ihrem Mann misshandelt worden war, nicht vorsätzlich gehandelt. Die Frau hatte im Jänner 2012 ihren 62-jährigen Ehemann mit einem Jagdgewehr erschossen. Die Staatsanwaltschaft hatte sie deshalb wegen Mordes angeklagt und acht Jahre Haft gefordert. Die Frau gab im Prozess jedoch an, nach einem Streit mit ihrem Mann mit dem Gewehr auf eine Waldlichtung gegangen zu sein, um sich selbst zu töten. Ihr Mann sei ihr aber gefolgt und habe sie "erschreckt". Dann habe sich der tödliche Schuss gelöst.

Begnadigung in einem anderen Fall

Erst vor knapp einer Woche hatte Frankreichs Präsident Francois Hollande in einem ähnlichen Fall eine zu zehn Jahren Gefängnis verurteilte Frau begnadigt, die wegen des Mordes an ihrem gewalttätigen Mann im Gefängnis sitzt – der STANDARD berichtete. Die 68-jährige Jacqueline Sauvage kann nun einen Antrag auf Freilassung unter Auflagen stellen und könnte bereits Mitte April freikommen.

Der Fall hatte in Frankreich für großes Aufsehen gesorgt. 400.000 Menschen unterschrieben eine Petition für die Freilassung der Verurteilten. Der Präsident schaltete sich daraufhin selbst ein und empfing die Anwälte und die Töchter der Frau im Elysee-Palast.

Sauvage war 47 Jahre mit ihrem Mann verheiratet, einem gewalttätigen Alkoholiker, der nach ihren Angaben sie selbst sowie ihre drei Töchter schlug und vergewaltigte. Auch den Sohn soll er missbraucht haben. Einen Tag nachdem sich der Sohn das Leben genommen hatte, schoss Sauvage im September 2012 ihrem Mann mit einem Gewehr drei Mal in den Rücken.

Im Oktober 2014 wurde sie des Mordes schuldig befunden und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Auch in einem Berufungsverfahren im Dezember wurde ihr Argument der Notwehr nicht anerkannt. (APA, 6.2.2016