Ministerpräsident Arseni Jazenjuk im Parlament

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Kiew – Die Regierungskrise in der Ukraine schwelt weiter: Ministerpräsident Arseni Jazenjuk hat am Freitag mit dem Rücktritt seines gesamten Kabinetts gedroht, sollte das Parlament ihm nicht genehme Minister aufzwingen. "Wir sind als ein Team angetreten, und wir werden auch künftig als gemeinsames Team arbeiten", betonte Jazenjuk im Parlament in Kiew.

Die politische Krise in der Ukraine wurde am Mittwoch durch den überraschenden Rücktritt von Wirtschaftsminister Aivaras Abromavicius ausgelöst. Dieser hatte zur Begründung auf den anhaltenden Widerstand gegen die von ihm geplanten Privatisierungen und gegen den Anti-Korruptionskampf verwiesen. Dafür verantwortlich machte der gebürtige Litauer unter anderem einen einflussreichen Abgeordneten der Partei von Staatspräsident Petro Poroschenko.

Streit zwischen Poroschenko und Jazenjuk

Poroschenko hatte am Donnerstag bei einem Treffen mit den Botschaftern der sieben wichtigen Industrieländer (G7) in Kiew von der Notwendigkeit gesprochen, die Regierung wiederherzustellen. An dem Treffen nahm auch Jazenjuk teil. Beide Politiker sind prowestlich, ihre Meinungsverschiedenheiten treten in jüngster Zeit aber immer deutlicher zutage.

Die Botschafter hatten sich in einer gemeinsamen Erklärung am Mittwoch "sehr enttäuscht" über den Rücktritt des Wirtschaftsministers geäußert. Sie forderten die ukrainische Führung auf, ihre Streitigkeiten beiseite zu lassen und bei den "unerlässlichen Reformen" voranzuschreiten. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF), Hauptgeberorganisation der Ukraine, beklagte den Rücktritt.

Am Donnerstagabend hatten vier Minister nach einer von Jazenjuk einberufenen Dringlichkeitssitzung des Kabinetts ihren zuvor angekündigten Rücktritt wieder zurückgezogen. Abromavicius, der an der Sitzung nicht teilnahm, erklärte über den Kurzbotschaftendienst Twitter, dass er an seinem Rücktritt festhalte.

Seitens der Präsidentenpartei und anderer Kräfte der Regierungskoalition wird unterdessen der Ruf nach einer raschen Kabinettsumbildung oder dem Rücktritt der gesamten Regierung immer lauter. Beobachter rechnen für den Fall eines Sturzes der Regierung mit einer vorgezogenen Parlamentswahl im Herbst.

Kämpfe in der Ostukraine

Bei Kämpfen in der Ostukraine zwischen der Armee und bewaffneten Gegnern der Regierung wurde unterdessen ein Soldat getötet. Wie ein Militärsprecher mitteilte, wurden bei dem Mörserangriff der Rebellen auf das Dorf Saizewe, 50 Kilometer nordöstlich der Großstadt Donezk, außerdem drei Soldaten verwundet.

Im Konflikt zwischen Kiews Militär und prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine wurden nach UNO-Angaben seit April 2014 mehr als 9000 Menschen getötet, die meisten von ihnen Zivilisten. Kiew und der Westen werfen Moskau vor, die Rebellen direkt militärisch zu unterstützen, was der Kreml bestreitet. (APA, AFP, 5.2.2016)