Linz – Ein bosnisches Gericht hat am Mittwoch einen Bosniaken, der während des Jugoslawienkrieges an einem Massaker im Dorf Serdari beteiligt war, zu elf Jahren Haft verurteilt. Zwei andere in erster Instanz Verurteilte wurden freigesprochen, wie das u.a. auf Kriegsverbrechen spezialisierte Online-Medium "Justice Report" (BIRN) berichtet. Wegen dem Massaker steht auch ein 48-Jähriger in Linz vor Gericht.

Bei dem Überfall auf das Dorf Serdari nahe Kotor Varos am 17. September 1992 kamen 16 Zivilisten ums Leben. In der Morgendämmerung drangen bosniakische Kämpfer in das Dorf ein, töteten sieben Männer, sieben Frauen und zwei Kinder und zündeten sechs Häuser an. Motiv dürfte Rache für vorangegangene serbische Angriffe gewesen sein. In erster Instanz wurden vier Männer in Sarajevo verurteilt. Einer davon ist mittlerweile gestorben. Die andern drei standen am Mittwoch vor dem Berufungsrichter.

Der am Mittwoch von der bosnischen Berufungskammer verurteilte Mann wurde schuldig erkannt, an der Tötung von neun serbischen Zivilisten – darunter zwei Kinder – mit Gewehren und Handgranaten und an der Verletzung zweier weiterer Personen, darunter einer schwangeren Frau, beteiligt gewesen zu sein. Was den Tod der restlichen sieben Opfer angeht, wurde er freigesprochen.

Der Vorsitzende Dragomir Vukoje sagte, er vertraue der Aussage von Zeuginnen, die den Angeklagten an der Stimme bzw. anhand eines Fotos erkannt haben wollen. Eine der Frauen hatte angegeben, sie habe das Massaker nur überlebt, weil sie sich tot gestellt habe. Der Richter betonte auch, dass der Angeklagte nicht eigenhändig alle Taten begangen haben müsse, um schuldig zu sein. Es reiche, dass er an der Aktion teilgenommen, die Zivilisten nicht geschützt und die Absicht der eigentlichen Mörder geteilt habe.

Die beiden anderen Angeklagten wurden freigesprochen, obwohl auch sie von Zeuginnen belastet worden waren. "Wir behaupten nicht, dass sie unschuldig sind, aber die Anklage konnte ihre Schuld nicht nachweisen", so Vukoje. Die Männer seien wohl in dem Dorf gewesen, es konnte aber nicht genau festgestellt werden, was sie getan haben.

Bei dem Linzer Prozess dürfte ein Urteil erst in einigen Monaten gesprochen werden. Dem Angeklagten – er ist mittlerweile Österreicher – wird 16-facher Mord, dreifacher Mordversuch, elffache vollendete und einmal versuchte Brandstiftung zur Last gelegt. Er hatte sich zu Prozessbeginn nicht schuldig bekannt. Die Anklage stützt sich u.a. auf zwei Zeuginnen, die ihn während des Massakers in dem Dorf gesehen haben wollen. Laut seiner Verteidigung handelt es sich um die selben Zeuginnen wie im bosnischen Prozess. Der Strafrahmen beträgt zwischen fünf und 20 Jahren. Lebenslang kommt nicht mehr infrage, weil die Tat schon so lange zurückliegt. (APA, 4.2.2016)