Kaum eröffnet, setzt es eine Aufregung nach der anderen rund um die Vorgänge in Spielfeld: Heeresminister Doskozil (SPÖ) inspiziert mit Generalstabschef Commenda den Grenzübergang.

foto: apa / erwin scheriau

Zumindest der koalitionäre Streit über das Speichern der Fingerabdrücke von Flüchtlingen, die an den neu gestalteten slowenisch-steirischen Grenzübergang Spielfeld gelangen, wurde am Donnerstag befriedet – und zwar keine 24 Stunden nach Ausbruch der Krise. Gegen Mittag erklärte sich Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) bereit, mit der ÖVP über "eine gesetzliche Klarstellung" zu reden.

SPÖ sah rot – ist nun aber gesprächsbereit

Hintergrund: Weil via "Kurier" publik geworden war, dass die Beamten im Süden derzeit bloß die Fingerprints von jenen Asylwerbern dauerhaft registrieren, die hierzulande einen Antrag stellen, nicht aber von all jenen, die durchreisen wollen, um nach Deutschland zu gelangen, hatte in der SPÖ helle Aufregung geherrscht – allen voran beim burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl ("fahrlässig"). Im Gegenzug warf Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dem Regierungspartner vor, erst im Dezember eine entsprechende Verschärfung des Grenzkontrollgesetzes abgelehnt zu haben – worauf Ostermayer dagegenhielt, dass das Speichern der Fingerabdrücke von allen Ankommenden nach der gültigen Gesetzeslage bereits möglich wäre.

Korrektes Vorgehen statt Schlendrian

NGO-Vertreter, die hier nicht genannt werden wollen, argwöhnen, dass sich die Republik damit vor allem um die Registrierung jener Asylwerber drücken wolle, die vom großen Nachbarn abgewiesen oder zurückgeschoben werden könnten.

Handelt es sich also um absichtlichen Schlendrian, um die eigenen Zahlen niedrig zu halten? Karl-Heinz Grundböck vom Innenressort präzisiert, dass nach Paragraf 12 Absatz 3a des Grenzkontrollgesetzes zwar die Fingerabdrücke von durchreisewilligen Personen mit dem europäischen Eurodac-Datenbanksystem abgeglichen werden, um festzustellen, ob nach ihnen gefahndet wird oder sie bereits in einem anderen EU-Staat um Asyl angesucht haben. Sind die Ergebnisse negativ, werden die Abdrücke aber gelöscht: "Alles andere stünde juristisch auf einer tönernen Basis."

Papillarlinienabdrücke von allen derzeit "nicht zulässig"

Diese Einschätzung teilt auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer im STANDARD-Gespräch: Er hält das Speichern der Fingerabdrücke von Durchreisewilligen, die keine Aufenthaltsberechtigung möchten, "für nicht zulässig" – ebenso das Weiterreichen an das Bundesamt für Fremdenwesen, weil dies einen "Eingriff in den Datenschutz" bedeute. Der Experte plädiert daher ebenfalls für "eine klare Regelung".

Der Vorschlag der Innenministerin vom Dezember, der dem STANDARD vorliegt, sah für diese Fälle wörtlich "die Abnahme des Lichtbildes und der Papillarlinienabdrücke" vor – auch, um die Daten im zentralen Fremdenregister zu verarbeiten.

Volksanwaltschaft will Spielfeld inspizieren

Ähnliches hält auch die Eurodac-Verordnung fest, um die Anwendung des Dublin-Systems für "Ausländer" zu erleichtern, "die sich illegal im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaats aufhalten": Erlaubt ist nur der Vergleich, ob bereits anderswo ein Asylantrag gestellt wurde, aber: "Die zwecks Vergleichs übermittelten Fingerabdrücke" werden nicht länger gespeichert, heißt es hier. Die Volksanwaltschaft leitet dennoch ein amtswegiges Prüfverfahren für Spielfeld ein, wie Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ) erklärte.

Fragwürdige Zettelwirtschaft

Zu inspizieren gibt es dort noch genug: Laut Ö1 sind am Grenzübergang Zettel aufgetaucht, wonach dort nicht die Frage gestellt werden darf, ob ein Asylantrag in Österreich gestellt werden möchte. Grundböck dazu: "Es gibt keinen Erlass, kein Dokument, kein Formular des Innenministeriums oder der Polizei, wo das drinstünde." Nachsatz: Suggestivfragen an Asylwerber seien nicht erwünscht, sondern offene Fragen etwa nach Absicht der Einreise.

Obergrenzen heißen nun Kontingente

Weniger Wirbel in der Regierung verursachen die von Mikl-Leitner angekündigten täglichen Obergrenzen für Flüchtlinge, nun Kontingente genannt: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil signalisierte Zustimmung, weil sich durch die restriktiveren Maßnahmen ohnehin eine Entschleunigung des Zustroms ergebe. (Nina Weißensteiner, 4.2.2016)