Avishai Cohen: "Into the Silence" ECM/Lotus

cover: ecm

Alle Stücke, die Avishai Cohen für Into The Silence (ECM) schrieb, entstanden in jenen sechs Monaten nach dem Tod seines Vaters. Sie sind von elegischer, poetischer Tönung, und Cohen hat sie in episch ausladende Kompositionen eingefasst, die als Ganzes versonnen daherkommen. Dream Like A Child dauert etwas über 15 Minuten; auch Into The
Silence
kommt auf gute zwölf. Die üppigen Ausmaße der Werke sind jedoch inhaltlich gut begründet und abgesichert.

Into The Silence etwa wirkt wie ein langsames Crescendo des Ausdrucks, wie eine sich sanft zu schmerzhaft-nervöser Melancholie steigernde Klage, an deren Dichte alle Instrumente als Improvisationskollektiv arbeiten. Cohen, lyrisch in der Nachfolge von Miles Davis und anderen Schwermütigen des Instrumentes, zeigt in diesem Stück aber auch seine Fähigkeit zur Attacke.

ECM Records

Da wirkt alles intensiv und eloquent auf den Punkt gebracht. Wobei die musikalische Ganzheit von den profunden Kollegen lebt: Pianist Yonathan Avishai und Tenorsaxofonist Bill McHenry sind mit Cohen in delikatem Gedankenaustausch – wie auch Bassist Eric Revis und Schlagzeuger Nasheet Waits. Das Ganze ist zu 90 Prozent ein Lehrstück, wie sich trotz entschleunigter Grundhaltung jederzeit Innenspannung halten lässt.

Auch der anfängliche Eindruck von leichtem harmonischem Kitsch ist schnell verflogen, wird aufgelöst in der Impulsivität der Band – bis es mit einem Klavierepilog final Richtung Ruhe und Frieden geht. (toš, Rondo, 5.2.2016)