Aeroflot-Chef Witaly Sawelyew (rechts) und Wladimir Putin bei einem Treffen im Jänner. Nun steht offenbar auch die Airline zum Verkauf.

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Der fallende Ölpreis zwingt die russische Führung zum Handeln. Auf einer Regierungssitzung unter der Führung von Präsident Wladimir Putin wurden daher nun die Parameter für eine Privatisierung von Staatsbetrieben ausgehandelt. Das Hauptziel der Privatisierung ist klar: Die Regierung braucht dringend Geld, um die Etatlöcher zu stopfen.

Putin selbst hat die Latte hochgehängt, indem er ein Haushaltsdefizit von drei Prozent als Obergrenze festsetzte. Das ist bei den fallenden Einkünften aus dem Öl- und Gasexport schwierig zu managen. Allein die Einnahmen aus Ausfuhrzoll und Bodenschatzsteuer sind in Rubel gerechnet im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent eingebrochen.

Darum geht Russland nun ans Tafelsilber. Laut Finanzminister Anton Siluanow hofft Moskau auf einen Privatisierungserlös von rund einer Billion Rubel (entspricht derzeit knapp zwölf Milliarden Euro) innerhalb der kommenden zwei Jahre. Auf der Verkaufsliste stehen sieben Staatsbetriebe: die russische Eisenbahn, die Reederei Sowkomflot, der Diamantenförderer Alrosa, die Ölkonzerne Rosneft und Baschneft, die Bank VTB und die Fluggesellschaft Aeroflot. Die Chefs der genannten Konzerne durften daher mitdiskutieren über den Verkauf.

Kontrolle behalten

Bei der Regierungssitzung ging es nicht um Details, sondern um die allgemeinen Bedingungen der Privatisierung. Diese allerdings zeugen davon, dass es der Regierung nicht um einen maximalen Erlös, sondern um den Erhalt der Kontrolle geht.

Die Aktienmehrheit soll demnach weiterhin beim Staat verbleiben. Zudem schränkt der Kreml die Zahl der potenziellen Käufer drastisch ein: Nur russische Firmen können sich um die Anteile bewerben. Begründet wird dies mit dem Bemühen, die in Russland vielfach verwendeten dubiosen Offshorekonstrukte zu umgehen.

Mit dieser Einschränkung werden Kleinaktionäre und ausländische Investoren von der Auktion ausgeschlossen. "Die neuen Besitzer der zu privatisierenden Aktiva müssen sich unter russischer Jurisdiktion befinden", betonte Putin. Ob es diese vage Formulierung strategischen Investoren theoretisch erlaubt, über den Umweg einer Firmengründung in Russland und der Transaktion größerer Summen an der Privatisierung teilzunehmen, ist unklar. Praktisch wird kaum ein ausländisches Unternehmen angesichts der geltenden Finanzsanktionen das Risiko auf sich nehmen, zumal es selbst im Erfolgsfall Minderheitsaktionär mit wenig Einfluss bleibt.

Ausverkauf an Auserwählte

So sehen Experten die "üblichen Verdächtigen" als einzig verbleibende potenzielle Bewerber: staatsnahe russische Oligarchen. Diese dürften kein Problem damit haben, sich auch als Minderheitsaktionäre Gehör zu verschaffen und ihre Investitionen zu sichern.

Damit werden in Russland unliebsame Erinnerungen wach: Bei den Privatisierungen in den 90er-Jahren konnte sich eine kleine Schar Auserwählter extrem bereichern, weil sie die Staatskonzerne zu Schleuderpreisen kaufte. Zwar hat Putin vorgegeben, der Verkauf müsse "wirtschaftlich gerechtfertigt" sein, doch die vorgegebene Zahl von zwölf Milliarden Euro wird angesichts der flauen Konjunktur und der drastischen Beschränkung der Bewerberschar nicht zu erreichen sein. (André Ballin aus Moskau, 3.2.2016)