Das Abkommen über eine Neuordnung der Beziehungen zwischen Großbritannien und seinen EU-Partnern ist noch nicht in trockenen Tüchern. Bis alle 28 Regierungschefs einstimmig beschließen, dass einem Land mehr zugestanden wird als anderen, muss jeder Beistrich in Vertragsvorlagen sitzen. So weit ist man nicht.

Nach der Publikation der Verhandlungsergebnisse durch den "Chef der Chefs", Ratspräsident Donald Tusk, ist ein komplettes Scheitern jedoch unwahrscheinlich geworden. Beim nächsten EU-Gipfel wird es einen Deal geben. Die Frage ist: welchen? Die Sonderwünsche, die Premier David Cameron unter Druck der EU-Skeptiker vortrug, rühren an Grundfesten der Gemeinschaft. Die ist über Jahrzehnte im Kompromiss entstanden. Kein Mitglied wird erlauben, dass am Ende nur die Briten gewinnen.

Das scheint Cameron verstanden – und akzeptiert – zu haben. Ursprünglich verlangte er, den freien Zuzug von EU-Ausländern (aus Polen und Rumänien vor allem) allein auf nationaler Ebene einschränken zu können. Das gab er auf. Dann kam er mit dem Wunsch, zumindest Sozialleistungen für EU-Ausländer generell einschränken zu können, was ein glatter Bruch von EU-Recht wäre: In der Union gibt es keine "Ausländer", sondern EU-Bürger mit Grundrechten. Also zeigt sich Cameron jetzt bereit zu einer Regelung im Rahmen der EU-Verträge, die nationale Gestaltung erlaubt. Das wäre, wie in vielen anderen Fällen, zulässig. (Thomas Mayer, 2.2.2016)