Vizekanzler Reinhold Mitterlehner traf Russlands Vizepremier Dmitri Kosak (re.) in Moskau.

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Moskau – Das Bemühen um eine Aussöhnung ist deutlich zu spüren: Russland Vizepremier Dmitri Kosak nannte die Sanktionen der EU eine "Sackgasse". Russland sei bereit, die für beide Seiten schädlichen Restriktionen schnell auf gegenseitiger Basis aufzuheben, versichert er am Dienstag. Als Forum diente die Sitzung der Gemischten österreichisch-russischen Handels- und Wirtschaftskommission (GWK).

"Die Geschäftswelt ist der Sanktionen und Gegensanktionen müde", nahm Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlehner den Ball auf. "Wir unterstützen einen Prozess, der zum Ende der Sanktionen führt", sagte Mitterlehner, fügte aber hinzu, dass dazu Fortschritte im Minsker Friedensprozess notwendig seien. Dabei geht es um eine Aussöhnung in der Ostukraine.

Normalisierung

Auch wenn sich Österreich nicht über EU-Vorgaben hinwegsetzen will, zeugt allein das Treffen der GWK nach dreijähriger Pause von der Ungeduld in Wien, die Beziehungen nach Moskau wieder herzustellen. Die politische Krise hat nämlich tiefe wirtschaftliche Spuren hinterlassen: Österreichs Exporte nach Russland sind 2015 um rund 40 Prozent eingebrochen; eine Folge der mit dem Ölpreis einhergehenden Rubelschwäche, aber auch der Sanktionen.

Der zweitägige Arbeitsbesuch Mitterlehners dient daher der Suche nach neuen Wachstumstreibern. In den Bereichen Energie und Tourismus hofft das Wirtschaftsministerium, die gefunden zu haben. 2017 soll zu einem österreichisch-russischen Tourismusjahr ausgerufen werden.

Nicht zufällig wird Mitterlehner auch von OMV-Chef Rainer Seele begleitet. Wer allerdings darauf gesetzt hatte, dass in Moskau der im Vorfeld vieldiskutierte Austausch von Aktiva zwischen OMV und Gazprom fixiert wird, sah sich getäuscht. Offiziell wurden nur zwei Kooperationsabkommen unterzeichnet: eines zwischen der Frequentis AG und der russischen JSC NIIAS über Cybersicherheit im Eisenbahnverkehr, eines zwischen Krause-Mauser und der Moskauer Technologischen Universität Stankin über die Modernisierung russischer Maschinenbauer.

Mitterlehner bestritt auch, dass er nach Moskau gereist sei, um die Verschränkung zwischen Gazprom und OMV zu forcieren. Der Anteilsaustausch sei eine konzerninterne Angelegenheit, sagte er auf Nachfrage.

Pipeline in der Pipeline

Von politischem Interesse in Wien hingegen ist das Leitungsprojekt Nord Stream 2, welches die Kapazität der existierenden Ostseepipeline auf 110 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr verdoppeln soll. Seele drängt mit der OMV in das milliardenschwere Projekt und kann sich offenbar auf Rückendeckung aus der Regierung verlassen. Mitterlehner jedenfalls machte sich für das Gazprom-Vorhaben stark. Die Kritik aus Osteuropa speziell natürlich aus der Ukraine, die Russland mittels Nord Stream 2 als Transitland ausschalten will, wischte er beiseite.

Nord Stream 2 erhöhe nicht die Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas, sondern trage zu einer stärkeren Diversifikation der europäischen Gaslieferung bei, sagt er. Auf STANDARD-Nachfrage räumte Mitterlehner zwar "bestimmten Widerstand einzelner Staaten" ein, stellte aber klar, er gehe davon aus, "dass es relativ große Chance hat, verwirklicht zu werden". (Andre Ballin, 2.2.2016)