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Der Mann, der in die Kälte kommt: Bayerns Ministerpräsident besucht Wladimir Putin.

Foto: Reuters / Michaela Rehle

Der Flug der CSU-Spitze am 28. Dezember 1987 nach Moskau war legendär. Eigentlich war der Flughafen schon wegen Schnee und Eis gesperrt. Doch der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) brachte die Cessna eigenhändig zur Landung; bis zum Ausweichflughafen Kiew hätte das Benzin nämlich nicht mehr gereicht. Er habe auf diesem Flug zu Michail Gorbatschow Todesangst gehabt, gestand Edmund Stoiber später einmal.

Am Donnerstag wird Ex-Ministerpräsident Stoiber wieder in Moskau aus einem Flugzeug steigen, vermutlich aber nach komfortablerer Landung. Denn diesmal fliegt der Chef der bayerischen Delegation, Ministerpräsident Horst Seehofer, immerhin nicht selbst. Dennoch findet die Reise in Berlin große Beachtung, ruft dabei allerdings viel Kritik hervor. Denn das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland ist nicht erst seit der Annexion der Krim und den vom Westen verhängten Sanktionen angespannt. Aktuell sorgt der Fall einer 13-jährigen Deutschrussin für einige Spannungen.

Wirbel um ein Medienphänomen

Russland Außenminister Sergej Lawrow hatte den deutschen Behörden vorgeworfen, die Entführung und Vergewaltigung des Berliner Mädchens durch Flüchtlinge zu vertuschen, weil Polizei und Justiz mehrfach darauf hingewiesen hatten, dass keine Hinweise vorlägen und Lisa die Geschichte erfunden habe.

"Seehofer hat sich in der Flüchtlingsdebatte eindeutig gegen die Bundeskanzlerin positioniert, ich hoffe, dass er die Reise unterlässt", sagt der Obmann der Unionsfraktion für Außenpolitik, Roderich Kiesewetter (CDU). Und SPD-Generalsekretärin Katarina Barlay erklärt: "Bei Herrn Seehofer weiß man ja manchmal nicht so genau, welche neuen Positionen er über Nacht entwickelt. Insofern habe ich in der Außenpolitik und gerade im Gespräch mit Russland kein gutes Gefühl damit, wenn er nach Russland reist."

Seehofer selbst erklärt, er betreibe aus München "keine Nebenaußenpolitik" zu Berlin. Er habe sowohl die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) über die Reise informiert. Er wolle den Dialog mit Russland fortsetzen, denn: "Wir sind umgeben von vielen politischen Brandherden, die ohne Moskau nicht zu lösen sind."

Schweigen zum Fall Lisa

Er sagte im Vorfeld aber auch die Einbrüche im Export nach Russland würden in einigen Branchen bis 30 Prozent ausmachen und "vor allem auch Bayerns Landwirtschaft stark treffen".

Nicht beantworten wollte Seehofer in den vergangenen Tagen allerdings die Frage, ob er den Fall Lisa zur Sprache bringen werde. In einigen deutschen Städten hatte es in den vergangenen Tagen Proteste von Russlanddeutschen gegen die "Gewalt von Ausländern" gegeben, in Berlin waren sie vor das Kanzleramt gezogen.

In Berlin geht man davon aus, dass Moskau den Fall gezielt nutzte, um Merkels Asylpolitik zu schaden. So hatte Außenminister Sergej Lawrow erklärt: "Wir wünschen Deutschland viel Erfolg bei der Lösung der schwersten Probleme mit Migration."

Sarkastische Anmerkungen

Für dem Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin ist die Reise Seehofers daher nur logisch, wie er spöttisch anmerkte: "Der eine organisiert in der Union den Widerstand gegen eine humane Flüchtlingspolitik. Der andere mobilisiert über sein Propagandanetzwerk Hunderte von Russlanddeutschen zu feindseligen Demos vor deutschen Flüchtlingsheimen."

Apropos Russland: Merkel hatte am Montag indes den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zu Gast. Beide betonten, ein Waffenstillstand im Osten des Landes sei Voraussetzung für die weitere Umsetzung des Minsker Abkommens. (Birgit Baumann aus Berlin, 2.2.2016)